Schön langsam kehrt Stille ein - und dies im selben Saal, wo normal "Locura" ("Verrücktheit") herrscht, wenn der 25-mann und frau starke Affenzirkus der Fundacion
das macht, was er am besten kann - sich austoben. Aber heute gehört der Raum ganz den Erziehungsberechtigten dieser schwierig zu bändigenden, aber überaus herzlichen Kinderschar. Diese haben sich
versammelt, um an dem monatlich stattfindenden Programm teilzunehmen, das zwei erfahrene Psychologinnen der katholischen Universität Ambatos organisieren, um den Reintegrationsprozess der Kids in
ihre Familien zu beschleunigen, und vor allem ein halbwegs "normales" Familienleben ohne psychische, physische und sexuelle Gewalt zu propagieren.
Die durch das interaktive Programm der beiden engagierten Damen von der "Catolica" teilweise zu Tränen gerührten Eltern, Onkel, Tanten oder Adoptiveltern stellen
sich in einem Kreis auf und schließen die Augen. Im Hintergrund hört man Entspannungsmusik. Während die Erwachsenen mit geschlossenen Augen an die Freude denken sollen, die ihnen ihre Kinder
trotz aller Schwierigkeiten bereiten, betreten ihre Sprösslinge mit jeweils einer Kerze in der Hand den Raum und stellen sich vor ihren teilweise mit Liebe, teilweise aber auch mit Angst, ohne
Respekt, oder gar kaltblütig betrachteten Elternteil.
Viele dieser hier Anwesenden wurde mit 14 oder 15 zum ersten mal vater bzw. Mutter und konnte zu diesem Zeitpunkt offensichtlich noch nicht mit diesem Umstand
umgehen. Wenn zusätzlich auch noch die Unterstützung der Eltern fehlt und man stattdessen nur beschimpft, beleidigt oder gar aus dem Elternhaus verbannt wird, hat dies meist auch keine besonders
gute Auswirkung auf die eigenen Kinder. Dies ist einer vieler Fälle der Kinder, die in der Fundacion untergebracht sind.
Die zu einem großen Teil in ihrer Kindheit selbst geschlagenen, ungeliebten oder gar vergewaltigten Papas und Mamas werden nun dazu aufgefordert - immer noch von
Musik begleitet - die Augen zu öffnen und ihrem Kind in die Augen zu sehen. Hier beginnen nun schon die ersten, ganze Seen zu weinen, noch bevor sie die Anweisung dazu bekommen, ihrem Gegenüber
langsam näher zu bekommen - von leichten Berührungen bis zu einer festen Umarmung, was allen sichtlich gut tut.
Diese Workshops, die wie bereits beschrieben einmal pro Monat stattfinden und für die Erziehungsberechtigten Pflicht sind, sind vielleicht nur ein kleiner Teil, aber
auf jeden Fall ein Teil, der dazu beiträgt, die Eltern ihren Liebsten (ein Superlativ, den sie in der harten Vergangenheit wohl vergessen zu haben scheinen) wieder näher zu bringen. Auch mir, der
bei diesen Workshops eigentlich nur für das Fotografieren zuständig ist, kommen hier immer wieder die Tränen bei diesem rührenden, meiner Meinung nach tatsächlich effektiven Schauspiel.
Kommentar schreiben