Fr

30

Aug

2013

Abschied

Auch wenn es sich fuer uns noch alles andere als real anfuehlt, heisst es nun endgueltig Abschied zu nehmen fuer Armin, Alex und mich. Diesen Sonntag um 16 Uhr startet unser Flieger in Richtung Wien, wo wir am Montag um 19 Uhr ankommen werden. Damit umzugehen, bedeutet jede Menge an Stress - aber eine noch viel groessere Portion an Verwirrung und Ungewissheit..

 

Aufgrund eines Streiks der Landwirte an der Grenze zwischen Kolumbien und Ecuador, kamen wir mit einer zweitaegigen Verspaetung vom Urlaub in Kolumbien dienstagnachts in Ambato an. Die zwei Tage, die uns dadurch in Ambato fehlten, waren mehr als nur spuerbar. Alles, was wir in dieser letzten Woche zu organisieren hatten, mussten wir nun auf nur noch vier Tage eingrenzen.

Am Mittwoch sperrte ich meine Schluessel im Zimmer ein, sodass ich nicht mehr reinkam, ging zur Post, ohne das benoetigte Dokument mitzuhaben und war den ganzen Tag mit den Gedanken in einer anderen Welt.

Es ist schon ein komisches Gefuehl. Schon, als wir in der kolumbianischen Hauptstadt Bogota in den Flieger einstiegen, hatte ich das Gefuehl, heimzufliegen, heim nach Ecuador. Dieses wunderschoene kleine Land wurde in diesem Jahr zu mehr als nur meiner zweiten Heimat. Die Fundacion Don Bosco hat es geschafft, dass ich mich hier so heimisch fuehle, dass Oesterreich schon fast zu einem fremden Land fuer mich wurde.

Oesterreich hingegen scheint im Moment so wie ein weit entferntes Paradies, das ich nur noch aus wagen Erinnerungen kenne. Diese Ungewissheit macht die Heimreise aber nur spannender. Wie bei einer Reise in ein Land, von dem viel gehoert hat, viele Fotos gesehen hat, aber wo man noch nie war, frage ich mich nun, inwiefern die Realitaet meine Erinnerungen bestaetigt.

Dieser Zwiespalt, in dem ich nun stecke, naehrt nun also meine Verwirrung, Ungewissheit, Trauer, aber auch meine positive Anspannung und Vorfreude, die ich auch vor der Reise hierher hattte. Endlich werde ich meine Familie wieder sehen koennen, ohne in einen pixeligen Bildschirm schauen und stockende Toene hoeren zu muessen. Endlich meine Freunde wiedersehen und mit ihnen bis zum Morgengrauen feiern, Verwandtschaftsfeiern erleben, oberoesterreichischen Dialekt reden, Schifahren, Leberkassemmerl essen, und und und..
Der langen Rede kurzer Sinn gibt es doch eine Menge, die ich in diesem Jahr vermisst habe und daher zieht es mich schon sehr nach Oberoesterreich.

 

Lasst es mich folgendermassen beschreiben:

Wenn Ecuador und Oesterreich zwei Magneten waehren, die mich versuchen anzuziehen, wuerde ich irgendwo ueber dem Atlantik in der Luft haengen und nicht mehr weiterkommen.

Ich sitze nun hier im "winterlichen" (15-20 Grad Hoechstwerte) Ambato und bin hochzufrieden ueber meinen Einsatz. Auch wenn man nicht sofort eine Veraenderung merkt, hat man doch das Gefuehl, einer Menge an Kindern weitergeholfen zu haben, und dies ganz ohne jeglichen paedagogischen Erfahrung. Eines der vielen Dinge, die ich in diesem Jahr gelernt habe, ist, dass das beste Mittel Kindern weiterzuhelfen, keine Terapien oder komplizierten psychologischen oder paedagogischen Mittel sind, sondern einfach nur, da zu sein, Zeit mit ihnen zu verbringen, mit ihnen zu sprechen, zu spielen, Vorbild zu sein und ihnen das Gefuehl zu geben, dass sie einem wichtig sind. Dazu braucht man keine Ausbildung, sondern Herz, Leidenschaft, Verstaendnis und Geduld.
Die Kinder sind mit Abstand das, was ich am meisten an diesem Land vermissen werde. Auch wenn sie alles andere als leichte Kinder waren, haben sie es mit ihrer unbekuemmerten Offenheit schnell in unsere Herzen geschafft. Und wenn man einmal ein Jahr lang mit ihnen zusammenlebt, lernt man sie in- auswendig kennen, kennt jede psychische Wunde, jede Phobie, jedes Talent, kurz alle Staerken und Schwaechen jedes Einzelnen.
Ich fuehle mich doch ein wenig wie ein temporaerer Ersatzvater, der seine Kinder nun wieder weitergegeben muss. Das macht das Ganze nicht leichter.

 

Die Zeit ist nun tatsaechlich wie im Flug vergangen und ich blicke auf ein Jahr voller Hoehen und Tiefen zurueck, das sich nun doch als abgeschlossen anfuehlt. Auch mein Blog nimmt dadurch mit diesem Eintrag sein Ende. Ich moechte auf diesem Wege allen meinen Lesern danken, dass sie mich auf diese Weise unterstuetzt haben, Beitraege kommentiert und Gaestebucheintraege erstellt und mir somit das Gefuehl gegeben haben, Aufmerksamkeit fuer meinen Einsatz und viel mehr fuer die hilfsbeduerftigen Kids zu bekommen. Ausserdem moechte ich allen Spendern danken, die einen grossen Teil dazu beigetragen haben, dieses Jahr mit Freizeitaktionen, die vom harten Alltag ablenken, abrunden zu koennen. Jeder Cent zaehlt.
Danke fuer meine Familie, dass ihr immer fuer mich da wart, als ich etwas brauchte und immer wieder den Kontakt mit mir gesucht habt, wenn ich wieder einmal laenger nichts von mir hoeren liess.
Und schliesslich danke an meine Freunde, dass ihr mir immer das Gefuehl gegeben habt, dass ich zu Hause abgehe, was mich vor allem in schwierigen Zeiten wissen liess, dass ich nie allein war.

This is it!

Ein grosses "GRACIAS" also fuer diese permanente Unterstuetzung!
Freue mich auf euch!

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Mo

22

Jul

2013

Endspurt

Die Zeit wird knapp. Sechs Wochen bleiben mir noch in diesem wunderbaren Land, das zu meiner zweiten Heimat wurde. Von diesen sechs Wochen werde ich nur noch etwa ein Drittel, ca. 15 Tage, mit den Kindern verbringen, die mir nun schon elf Monate lang die Tage versüßen, und mich von jeglichen Problemen befreien, die mich beschäftigen.


Es war eine Zeit, die ich trotz aller Vorfreude auf Österreich lange vermissen werde. Kinder, die wie meine eigenen waren, ausländerfreundliches und -offenes Volk und ein Leben, das dem Stress und der Schnelllebigkeit Europas trotzt.


Aber noch ist es ja nicht ganz vorbei. Am 5.Juli war in Ambato so wie auch in Oberösterreich der letzte Schultag, was bedeutet, dass sich zu diesem Zeitpunkt schon eine Menge der Kids in die Ferien verabschiedete, zum Glück aber noch nicht von uns, da sie in der letzten August-Woche wieder erscheinen werden. Im Moment befinden sich 12 Kinder in der Herberge, die entweder noch Nachprüfungen bis 26.Juli haben, um misslungene Fächer doch noch zu bestehen, oder jene, die man aus gewissen Gründen nicht heimschicken kann.
Diejenigen, die wir nicht in die Ferien schicken, genießen nun im anderen Teil der Fundacion im Stadtzentrum organisierte Ferien-Workshops, wo sie vor allem Dinge basteln, die wir am 26.Juli zu Gunsten der Fundacion an einem Stand verkaufen werden.


Die Fundacion im Zentrum wird übrigens ausgebaut. Etwas oberhalb vom ursprünglich hat uns das Rathaus von Ambato zwei neue Gebäude mit Spielplatz geschenkt, die zukünftig sowohl für Hausübungsbetreuung als auch für die Straßenarbeit mit den Schuhputzerburschen genutzt werden. Die Universidad de la Calle wird dem Rathaus hingegen zurückgegeben.
Das neue Zentrum wird "Oratorio Don Bosco" heißen. Am 12.Juli war feierliche Eröffnung mit Orchester, Vertretern des Bürgermeisters, des für Kinderangelegenheiten zuständigen Ministeriums MIES, Personal der Fundacion und Interessierten. Am 8.Juli fingen wir daher ecuadorianisch zeitgerecht mit dem Dachdecken an, da das Rathaus auch ein neues Wellblechdach spendete. Da die drei hochprofessionellen ecuadorianischen Dachdecker allerdings Hilfe von fünf gestandenen großen und starken Europäern bekamen, war dies kein großes Problem und nach zwei Tagen waren wir auch schon fertig.


Am Freitag haben wir nun noch unseren großen Verkaufstag im Zentrum. Damit ist mein Volontariat auch fast schon beendet. Von 1.- 25.August habe ich noch einmal die Chance, die Schönheiten des Landes zu bewundern, bevor die letzte Woche im August anbricht, die hauptsächlich von Kofferpacken, Reiseorganisation und Verabschieden geprägt ist.


Das Ende ist nah. Geprägt von Wehmut und Vorfreude zu gleichen Teilen.

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Fr

21

Jun

2013

DANKE! GRACIAS! PAGARACHU!

Vamos a la playaaaaa! Nach monatelanger Vorfreude war es nun endlich soweit. Mit einer Menge Lebensmittel, einem Koffer voller Strandspielzeug und einer quasi unendlichen Ration an Motivation fuhren wir am Mittwoch, den 12.Juni, mit 19 Kindern, 5 Volos und Madre Martita, um Mitternacht von Ambato weg, mit einem Ziel, das für die Kids zu diesem Zeitpunkt wohl noch so unglaublich wie wunderbar war.


Playas de Villamil, im Südosten von Ecuador und etwa 7 Fahrstunden von Ambato entfernt gelegen, hieß der Ort, an den wir in der Früh gelangten. Noch vor dem Frühstück konnten wir uns nicht entgehen lassen, den fast leeren Strand für uns zu erobern. In der Folge verbrachten wir den ganzen Tag im Zeichen von Sonne, Strand und Meer. Sogar zu essen hätten die Kinder vergessen, wenn wir sie nicht daran erinnert hätten, haben doch 15 der mitgereisten 19 Kinder noch nie das Meer gesehen.


Am nächsten Tag, dem Freitag machten wir uns mit dem Bus Richtung Puerto El Morro auf, von wo aus wir mit dem Boot auf die so genannte "Isla de los Pajaros" ("Vogelinsel") auf, wo uns ein Schwarm aus pelikanartigen Vögeln herzlich willkommen hieß. Nach einer etwa einstündigen Wanderung auf einem engen Pfad mitten im Reich der Ureinwohner mit Flügel bekamen wir auch noch Delfine zu sehen. Der Tag wurde mit Würstelgrillen am Lagerfeuer und einer Runde alkoholfreier Cocktails abgerundet.


Am Samstag mussten wir uns leider schon wieder vom warmen Klima verabschieden. Nach einem kurzen Strandbad am Vormittag bewegten wir uns nach dem Mittagessen wieder in Richtung Ambato, wo auf die Kids nun die letzten Schulwochen warten. Ein Erlebnis, das sie wohl ein Leben lang nicht vergessen werden.


Diese wunderbaren Tage haben wir nur Euch zu verdanken.


DANKE! GRACIAS! PAGARACHU! Leute der Pfarrgemeinde Berg

DANKE! GRACIAS! PAGARACHU! Sozialverein "Corazon" der BHAK Traun

DANKE! GRACIAS! PAGARACHU! Opa und Oma (Franz und Karoline Mayr)

DANKE! GRACIAS! PAGARACHU! Opa und Oma (Johann und Johanna Kaser)

DANKE! GRACIAS! PAGARACHU! Helena, Doris, Stefan, Thomas, Sandra, Klausi - die jungen Zeitlhamer

DANKE! GRACIAS! PAGARACHU! Oskar Angerbauer

DANKE! GRACIAS! PAGARACHU! Papa und Mama (Gerhard und Gerlinde Mayr)


Erst dank Euch konnten folgende Bilder entstehen..

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Do

30

Mai

2013

Von Drogendealern und Prostituierten - Eine Kindergeschichte?!

Welche tragischen Geschichten bereits in diesem Kind stecken, sieht man ihm wohl nicht an..
Welche tragischen Geschichten bereits in diesem Kind stecken, sieht man ihm wohl nicht an..

Was die Kinder in unserem Projekt teilweise bereits durchgemacht haben, hat in Europa oft ein Pensionist, der auf ein langes Leben zurückblickt, nocht nicht durchgemacht. Dieser Satz kam nun wohl schon ziemlich oft von meinen Lippen.


Kevin, mit 7 Jahren unser Jüngster, ist ein aufgeweckter, zuneigungsbedürftiger, kleiner Rotzlöffel, der inzwischen vier Monate in der Herberge verbracht hat, ohne auch nur einen Tag nach Hause zu kommen. Der Grund dafür liegt darin, dass man bis zum letzten Wochenende kein stabiles Umfeld finden konnte, wo der Bursche unterkommen könnte.


Aber genau dieses Umfeld braucht der Kleine - wahrscheinlich noch viel mehr als alle anderen Kinder. Er gehört zu jenen Kindern, die man liebevoll Klammeraffen nennt, und wenn man ihm nicht die ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt, was bei einer Gruppe von 25 Kinder einigermaßen schwierig ist, beginnt er sicht benachteiligt zu fühlen und aus dem "liabn Buam" wird eine rot anlaufende Furie, die Steine und alles andere nach einem wirft, was sie findet. Bei den anderen Kindern ist er unbeliebt, weil er so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht und weil man ihn aufgrund seiner Vorgeschichte und Psychologie einfach auf andere Weise behandeln muss.


Klingt alles nach einem ziemlich schwierigen Fall, aber mit seiner Art schafft er es doch in die Herzen von allen, die sich mit ihm beschäftigen - und wenn man einmal weiß, was er durchgemacht hat, dann zieht er nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch ziemlich großes Mitleid nach sich..


Kevin´s Vater ist Drogendealer und verbringt den Großteil des Jahres im Gefängnis. Als sein Sohn noch bei ihm wohnte, nutzte er den damals noch jünger als 5 Jahre alten Burschen zum Überbringen der illegalen Stoffe aus, da man ein Kindergartenkind wohl nicht kontrollieren würde.Die Mutter hingegen ist drogensüchtig und, wie wir vor kurzem erfuhren, bereits im Koma wegen Überdosis. Nebenbei ist sie "Hobbyprostituierte" und wechselt ihre Männer schneller als ihre Unterhosen.Dem hinsichtlich dieser Umstände außergewöhnlich aufgeweckten und extrovertierten Burschen wurden somit innerhalb seiner noch nicht einmal acht Lebensjahre bereits die tiefsten Abgründe der menschlichen Psychologie bekannt. Insgesamt verbrachte er seine kurze Lebenszeit bereits in vier verschiedenen Familien, die längste Zeit davon bei seiner Urgroßmutter in Quito, von der er immer wieder gern spricht.


Letztes Wochenende fuhren schließlich Madre Narciza und unsere Psychologin Anita nach Quito, um den Kleinen zumindest für ein Wochenende bei der bereits 84 Jahre alten Dame unterbringen. Zuerst sah alles nach einem Happy End aus. Als sie in Quito ankamen, erfuhr Kevin von seiner 2 Jahre jüngeren Schwester, die als einzige bei der Uroma wohnt, und war voller Freude, dass er sofort mit ihr zu spielen begann und bereits sagte, er wolle nicht mehr zurück in die Fundacion. Als die Madre am Donnerstagabend nach Hause kam, erzählte mir sie diese Geschichte mit einem Lächeln, das man der viel gestressten Frau selten ansieht. Aber es war schlussendlich doch alles zu schön,  um wahr zu sein..


Am Montag wurde aus dem Lächeln ein besorgtes Gesicht. Die Madre erzählte uns, dass Kevin´s Uroma ihn nicht aufnehmen möchte, da sie mit seiner Schwester schon derart große Probleme hat. Die Kleine hat sehr viel Zeit mit ihrer Mutter verbracht und benimmt sich im zarten Alter von 5 Jahren mit den Worten der betagten Dame "bereits jetzt wie eine Prostituierte", indem sie unter anderem Plüschtiere und andere Spielzeuge pflegt, in ihre intime Zone einzuführen. Die Madre empfahl ihr nun, die Kleine in psychiatrische Behandlung zu bringen, um ihr ein Schicksal wie der Mutter zu ersparen.


Kevin ist nun seit Sonntag wieder in der Fundacion. Nun war das erste Mal die Rede von Adoption, da immer noch keine Verwandten gefunden wurden, die in einem stabilem Umfeld leben. Was uns als Volos übrig bleibt, ist weiterhin Ersatzeltern zu spielen und ihm so viel Zuneigung wie möglich zu geben. Aber was der Arme eigentlich benötigt, ist eine Familie, die ihn liebend aufnimmt und ihn unter "normalen" Umständen erzieht. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Bei vielen Kindern, die hier wohnten, war die Aussicht scheinbar aussichtslos und am Ende tat sich doch eine Tür auf.

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Mo

29

Apr

2013

Wenn Äste ihre Wurzeln wiederfinden..

Schön langsam kehrt Stille ein - und dies im selben Saal, wo normal "Locura" ("Verrücktheit") herrscht, wenn der 25-mann und frau starke Affenzirkus der Fundacion das macht, was er am besten kann - sich austoben. Aber heute gehört der Raum ganz den Erziehungsberechtigten dieser schwierig zu bändigenden, aber überaus herzlichen Kinderschar. Diese haben sich versammelt, um an dem monatlich stattfindenden Programm teilzunehmen, das zwei erfahrene Psychologinnen der katholischen Universität Ambatos organisieren, um den Reintegrationsprozess der Kids in ihre Familien zu beschleunigen, und vor allem ein halbwegs "normales" Familienleben ohne psychische, physische und sexuelle Gewalt zu propagieren.

Die durch das interaktive Programm der beiden engagierten Damen von der "Catolica" teilweise zu Tränen gerührten Eltern, Onkel, Tanten oder Adoptiveltern stellen sich in einem Kreis auf und schließen die Augen. Im Hintergrund hört man Entspannungsmusik. Während die Erwachsenen mit geschlossenen Augen an die Freude denken sollen, die ihnen ihre Kinder trotz aller Schwierigkeiten bereiten, betreten ihre Sprösslinge mit jeweils einer Kerze in der Hand den Raum und stellen sich vor ihren teilweise mit Liebe, teilweise aber auch mit Angst, ohne Respekt, oder gar kaltblütig betrachteten Elternteil.

Viele dieser hier Anwesenden wurde mit 14 oder 15 zum ersten mal vater bzw. Mutter und konnte zu diesem Zeitpunkt offensichtlich noch nicht mit diesem Umstand umgehen. Wenn zusätzlich auch noch die Unterstützung der Eltern fehlt und man stattdessen nur beschimpft, beleidigt oder gar aus dem Elternhaus verbannt wird, hat dies meist auch keine besonders gute Auswirkung auf die eigenen Kinder. Dies ist einer vieler Fälle der Kinder, die in der Fundacion untergebracht sind.

Die zu einem großen Teil in ihrer Kindheit selbst geschlagenen, ungeliebten oder gar vergewaltigten Papas und Mamas werden nun dazu aufgefordert - immer noch von Musik begleitet - die Augen zu öffnen und ihrem Kind in die Augen zu sehen. Hier beginnen nun schon die ersten, ganze Seen zu weinen, noch bevor sie die Anweisung dazu bekommen, ihrem Gegenüber langsam näher zu bekommen - von leichten Berührungen bis zu einer festen Umarmung, was allen sichtlich gut tut.

Diese Workshops, die wie bereits beschrieben einmal pro Monat stattfinden und für die Erziehungsberechtigten Pflicht sind, sind vielleicht nur ein kleiner Teil, aber auf jeden Fall ein Teil, der dazu beiträgt, die Eltern ihren Liebsten (ein Superlativ, den sie in der harten Vergangenheit wohl vergessen zu haben scheinen) wieder näher zu bringen. Auch mir, der bei diesen Workshops eigentlich nur für das Fotografieren zuständig ist, kommen hier immer wieder die Tränen bei diesem rührenden, meiner Meinung nach tatsächlich effektiven Schauspiel.

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Di

02

Apr

2013

Vorfreude

Knapp 3 Monate sind es nun noch, bis es Ende Juni mit den Kindern der Herberge an den Strand geht. Was bedeutet, dass das Thema Strand bei den Kindern schon alle Konversationen beherrscht.


Wie viele Tage noch, Papa Armin?

Wie oft noch schlafen, Papa Alex?

Bringst du mir dort das Schwimmen bei, Papa Felix?

Können wir nicht sofort hinfahren, Papa Manuel?


Fragen über Fragen, mit denen wir bombardiert werden, die uns aber auch sagen, dass das, was wir organisieren wollen, ihnen jetzt schon Spaß, oder besser gesagt Vorfreude macht. Für uns gibt es nun noch eine Menge zu organisieren.


Der Plan ist folgender: Wir fahren von 20. auf 21.Juni in der Nacht weg von Ambato in Richtung Salinas. Mit im Gepäck: Etwa 30 Kinder, 4 Madres, 5 Volontäre und eine Menge Abenteuerlust. In Salinas, einem Urlaubsort im Süden Ecuadors, nicht weit entfernt von Guayaquil, der größten Stadt des Landes, haben wir zwei volle Tage Zeit, uns auszutoben, baden zu gehen und die Umgebung zu erkunden, bevor es am Sonntag, den 23.Juni, nach dem Frühstück wieder zurück nach Ambato geht, wo die letzten zwei Schulwochen auf die Kinder warten.


Der Ausflug soll den Abschluss des Schuljahres krönen. Eines Schuljahres, das für die Kids nicht immer rund lief. Er soll sie zumindest für diese 3-4 Tage den harten Alltag vergessen lassen und sie einfach wieder einmal Kind sein lassen.


Dank den Resten der Weihnachtsgeschenke-Aktion, den jungen, engagierten Zeitlhamern, dem Riesen-Engagement der Pfarre Berg, sitzen wir schon auf einem Berg von Geld.


Und nun hat sich auch noch der Sozialverein "Corazon" des engagierten Professors Mag. Koblmüller der BHAK Traun mit einer großzügigen Spende von 500 Euro angeschlossen, dem ich auf diesem Wege meinen größten Dank übermitteln möchte. Jeder Cent trägt dazu bei, dass wir diesen hart geschlagenen Kindern so viel Kindheit wie möglich zurückgeben können.


Armin und Alex haben letzte Woche die Universidad de la Calle aufgesperrt und auf Anhieb kamen etwa 10 Straßenkinder, die ein noch schwereres Leben haben als die Kinder der Herberge. Sie schlafen in Matratzenlagern um 50 Cent pro Nacht, arbeiten montags bis freitags auf den Straßen als Schuhputzer um 1.ihre Familien zu ernähren und 2.sich die Schule zu leisten, die sie meistens am Wochenende in ihren Heimatorten besuchen. Die Universidad de la Calle, die sie nun am Nachmittag besuchen können, ist wie ein Jugendzentrum, in dem sie auch wieder Kind sein dürfen. Zudem planen wir auch mit ihnen einen Ausflug, eventuell in einen Wasserpark in Puyo.


So dankbar, wie ich euch für euer bereits getätigtes Engagement bin, finde ich es geradezu unverschämt, jetzt noch einmal um Unterstützung zu bitten, aber wer trotzdem noch helfen möchte, hier die Kontodaten..


Jugend Eine Welt - Don Bosco Aktion Österreich

Kontonummer: 92.083.767

BLZ: 60000

Verwendungszweck: ECU-98-7003 MAYR

 

Ich kann euch gar nicht genug danken für eure permanente Unterstützung!

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Fr

08

Mär

2013

Alles neu

Schön langsam kehrt bei mir wieder der Alltag und somit die Ruhe ein. Nach 3 Wochen, die von purem Stress geprägt waren. Ich hatte kaum eine Sekunde Zeit, nachzudenken und durchzuschnaufen. Trotz all dem war es eine spannende Zeit, diesen Umbruch mitzuerleben.


Seit 23.Februar ist Felix, mein neuer Zimmerkollege aus Sierning, in Ambato. So wie es aussieht, wird er mit mir in der Herberge arbeiten, während Alex und Armin die Universidad de la calle ("Universität der Straße") mit den Straßenkindern Ambatos wieder aufbauen, die jetzt mehr als ein halbes Jahr stillstand.


Und warum dieser ganze Stress? Im Februar wurde ein Vertrag mit dem Staat unterzeichnet, der der Fundacion Proyecto Don Bosco die notwendige finanzielle Unterstützung bringt, um das Projekt im Zentrum wieder voll in Betrieb zu nehmen. Dies bedeutet: 200 Kinder - in 2 Gruppen aufgeteilt 100 pro Tag - die zu Mittag eine Ausspeisung und vor- und nachmittags Hausübungsbetreuung erhalten. Unter den 200 Kindern sind auch Straßenkinder, die vor- und nachmittags genauso wie die Kinder im Zentrum, die mit der Hausübung fertig sind, in die Universidad de la calle gelockt werden sollen. In der Universidad de la calle sollen die Schuhputzerburschen einerseits Raum zum Spielen und Austoben haben, und andererseits dazu ermutigt und dabei unterstützt werden, eine Ausbildung anzugehen.


Gleich am 18.Februar wurde mit der Ausspeisung gestartet und damit begonnen, in den Schulen Ambatos Werbung für den Comedor ("Speisesaal") zu machen. Daher wurden auch einige vom Personal der Herberge ins Zentrum geschickt, um alles zu managen. Für mich hieß dies wiederum, dass ich nun den ganzen Tag quasi alleine mit den Kindern war und mein Tag dauerte von 5:30 - 22:30 Uhr mit nur wenigen Sekunden zum durchschnaufen. Ab der zweiten Woche kamen dann zumindest für die Hausübungsbetreuung zwei neue Professoren und auch Felix in die Herberge, die ich dann in den ganzen Prozess einführen musste, bis dann wieder alles rund lief. Eine echt stressige, aber schöne Zeit, da mein Verantwortungsgefühl um ein Vielfaches gestärkt wurde.


Während für das Zentrum immer noch einige organisatorische Arbeiten am Plan stehen, ist also zumindest in der Herberge wieder Alltag eingekehrt. Allerdings müssen nun auch wir eine Menge an Berichten schreiben, um die finanzielle Unterstützung zu rechtfertigen. Nun sind wir gerade am Planen des Strandausfluges für alle Kinder der Herberge zum Ende des Schuljahres Ende Juni. Dank Pfarre Berg, den Überbleibseln der Weihnachtsgeschenke-Aktion und den jungen Zeitlhamern sind wir auf einem Spendenstand von etwa 1000 Dollar. Uns fehlen noch ca. 500 Dollar (rund 380 Euro), um diesen zu finanzieren. Wenn jemand noch dafür spenden möchte, einfach weiter brav meinen Blog lesen. Eine Homepage mit Infos über Aktivitäten und wie man dafür spenden kann, ist in Arbeit und wird demnächst online gehen. Wenn es soweit ist, lasse ich euch dies natürlich wissen.


Neben dem Strandausflug werden wir auch Geld für didaktisches Material für das wiederbelebte Projekt im Zentrum sammeln. Mehr darüber erfährt ihr dann wahrscheinlich in meinem nächsten Blogeintrag.


Da man im Moment einige Kinder nicht nach Hause schicken kann, weil die Probleme dort zu groß sind, bleiben nun pro Wochenende ca. 10 Kinder in der Herberge. Daher gibt es nun auch freitags bis sonntags Programm, was für uns heißt, dass nun pro Wochenende ein Volontär zu Hause bleibt und sich mit den Kindern beschäftigt und Ausflüge macht. Hier ein paar Eindrücke..

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Di

19

Feb

2013

Que viva el carnaval!

Liebe Leser!


Vorerst moechte ich mich einmal mehr für eine weitere Verspätung entschuldigen. Februar ist wohl die verrückteste Zeit in diesem ohnehin völlig verrückten Land. Da bleibt wenig Zeit für´s Schreiben.


Schon Ende Jänner bereitet sich das ganze Land, und vor allem die Region um Ambato mit Faschingsumzügen in allen größeren Gemeinden auf den groß gefeierten Karneval vor. Die Fiesta de las Frutas y Flores (Fest der Früchte und Blumen) selbst findet am Faschingswochenende zwischen Samstag und Montag statt. Aus dem ganzen Land kommen Feierlustige, um sich in Ambato ein paar Tage lang auszuleben. Gefeiert wird mit Faschingsumzügen, Verkaufsständen, Kulturveranstaltungen, aber auch Festen mit elektronischer Musik, wie man sie aus Europa kennt. Zum Karneval ist Tradition, sich gegenseitig mit Wasser zu beschütten. Da dieses Wochenende aber ungewöhnlich kalt war, besprüht man sich stattdessen mit dem rasierschaumähnlichen "Carioca".


Zudem gibt es immer zum Karneval die Wahl der Schönheitskönigin von Ambato. Wir in der Fundacion hatten das Glück, die 10 Kandidatinnen kurz vor der Wahl hautnah kennenzulernen, da sie traditionell vor der Wahl sozial-karitative Projekte besuchen.


Von 2.-17.Februar haben die ecuadorianischen Schüler Ferien. Für uns Grund genug, am letzten Schultag, dem 1.Februar noch einmal ordentlich Gas zu geben, und den Karneval etwas vorzuverlegen. Glücklicherweise bekamen wir einen heißen Tag geschenkt, was Bühne frei für die Wasser- und Mehlschlacht bedeutete. Da Bilder bekanntlich mehr als tausend Worte sagen, lasse ich jetzt einfach diese sprechen..

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Do

24

Jan

2013

Alltag

Das Jahr ist noch jung, aber der Alltag im Projekt ist nun doch schon wieder eingekehrt. Mit all seinen positiven und negativen Seiten..


Im Moment werden gerade einige Familienrückführungsaktionen angetrieben. Obwohl der Großteil dieser sinnvoll ist und auch zu funktionieren scheint, möchte ich doch ein Beispiel hervorheben, das uns volos ziemlich frustriert.Es geht um den 12-jährigen Richard, einen überaus intelligenten Jugendlichen mit hervorragenden Talenten, die er allerdings gerade nicht unbedingt in der Schule beweisen kann. Sofort, nachdem klar wurde, dass er auf gut deutsch sitzen bleiben wird, wurde scheinbar nicht einmal mit der Wimper gezuckt, und er wurde sofort zu seiner Mutter nach Puyo im Regenwald geschickt, wo es ihm nach seinen Erzählungen alles andere als gut geht, um dort arbeiten zu beginnen. Nicht einmal ein gebührender Abschied wurde ihm geschenkt, denn schließlich hatte er als einer der Beliebtesten überhaupt nur etwa 5 Minuten Zeit, um sich mit Tränen in den Augen nur bei den Vormittagskindern und - mit mir - nur einem Volo zu verabschieden. Dies sind schon Aktionen, die wir sehr hinterfragen, aber leider doch vorkommen. Einen 12-Jährigen intelligenten Burschen arbeiten zu schicken, nur weil er gerade anderes im Kopf hat als die Schule (was bei pubertierenden Kindern wohl auf der ganzen Welt vorkommt), sollte nicht unbedingt das Ziel einer Fundacion wie der unseren sein. Aber nachdem wir Volos darauf beharrt haben, hat uns die Psychologin versichert, dass man versucht, ihn im nächsten Jahr wieder in die Schule zu schicken, was uns nun doch wieder ein besseres Gefühl gibt. Und nun sieht es auch schon wieder so aus, als würde er zurückkommen, weil er sich, wie wir schon geahnt hatten, absolut nicht wohlfühlt in seinem Domizil.


Sieht also alles doch wieder besser aus, aber ein übler Nachgeschmack bleibt doch, denn so viel Gutes das Projekt auch für die Kinder leistet, gibt es doch immer wieder Entscheidungen, die wir überhaupt nicht verstehen können und die uns - wie in diesem Fall - echt tief treffen.


Eine weitere Geschichte der vergangenen Woche ist die des 10-jährigen Franklin. Am Mittwoch wurde der Großteil der Kinder nach Hause geschickt, weil es kein Wasser gegeben hat. (is übrigens gar ned so schlimm, wenn ma si mal mit am Kübel kaltem Wasser vom Notspeicher "duschen" muss ;) )Auch Franklin sollte nach Hause geschickt werden. Als er am Abend von der Schule heimkam, und sein Vater ihn abholen kam, wollte ich nur noch schnell seine Sachen holen, als er plötzlich den Kopf senkte und zu weinen begann, begann ich mit ihm zu sprechen. Er erzählte mir, dass er nicht heim wollte, da er dort sowieso nur schlecht behandelt würde. Details wollte er mir nicht sagen. In der Folge kamen Stiefmutter und Großmutter vorbei und im Endeffekt gingen alle drei (Vater, Stiefmutter und Großmutter) verbal auf ihn los, was sie nicht alles an ihm störte, und danach sprachen sie auch mit der Madre, die ich in diesem Moment echt bewunderte. Mit lauter Stimme verteidigte sie den armen Burschen und begann den drei Anklägern eine Lektion zu erteilen und drohte ihnen mit dem Jugendgerichtshof. Schlussendlich durfte er auch über das Wochenende hier bleiben.Es hat mich echt tief getroffen, dass Eltern so kalt mit ihrem Kind umgehen können und mir wurde wieder einmal bewusst, in welchem Paradies ich selbst aufgewachsen bin. Zudem erkannte ich einmal mehr, dass die Madres trotz ihrer teilweise echt harten Hand im richtigen Moment doch Herz für die Kinder beweisen, weswegen sie auch so beliebt bei ihnen sind.


Obwohl man sich an diese harten Schicksale immer mehr gewöhnt, treffen sie einen mit der Zeit doch nicht weniger. Doch man lernt damit umzugehen. Das, was wir in diesen Situationen machen können, ist, den Kindern die Zuneigung zu geben, die sie im Elternhaus offensichtlich nicht erhalten haben. Und wenn man dann so etwas wie "so einen Papa wie dich hätte ich mir gewünscht" hört, dann weiß man, dass man seine Arbeit gut macht und nicht umsonst hier ist. Das gibt mir die Energie, trotz der vielen Rückschläge mit Motivation und Selbstbewusstsein weiterzumachen.

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Sa

12

Jan

2013

Kinderlachen

Liebe Leser! I am back! Nach fast einem Monat Blogpause gibt es wieder einen neuen Eintrag.

 

Also vorerst einmal Entschuldigung fuer die ungeplant lange Pause. Der Vorweihnachtsstress, die neujaehrliche Unmotivation und viele Fakten mehr trugen dazu bei, dass ich euch erst jetzt frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr wuenschen darf.

 

Weihnachten war heuer auch fuer die Kinder ein tolles Erlebnis. Und dazu habt ihr, liebe Spender, einen Megabeitrag geleistet. Am 21.Dezember, dem Doch-Nicht-Weltuntergangstag, war der letzte Schultag. Nachdem alle Kinder von der Schule zu Hause waren, begann die Fiesta. Nach einem Festessen, wovon jeder mehr als satt wurde, begannen die Einlagen, die wir ein Monat lang mit den Kindern geuebt hatten. Und dann der grosse Hoehepunkt. Geschenke aus Oesterreich.

Es kommt hier leider sehr oft vor, dass den 8-16-Jaehrigen, die teilweise schon mehr Negatives erlebt haben, als so mancher 80-Jaehrige am Sterbebett, die triste Stimmung ins Gesicht geschrieben steht. Umso mehr freut man sich dann ueber diese ausgelassene Freude, die das gemeinsame Fest und die Geschenke erzeugt haben.

 

Nach einer weiteren Stunde ausgelassener Feier ging es direkt in den Bus, der uns um Mitternacht Richtung Regenwald fuehrte. Dieser Ausflug, der zu 100 Prozent durch Gelder der grosszuegigen jungen Zeitlhamer Helena, Doris, Stefan, Thomas, Sandra und Klausi, die den Gewinn ihres Standes am Zeitlhamer Weihnachtsmarkt dem Projekt widmeten, finanziert wurde, war ein weiterer grosser Erfolg. Um 5 Uhr in der Frueh kamen wir am Rio Tena an. Von dort fuhren wir mit Kanus auf eine kleine Insel, wo wir ein wenig herumwanderten und danach auch einen Tierpark fuer gefaehrdete oder verletzte Tiere besuchten. Auch das unbestaendige Wetter und stundenlangen Platzregen lernten wir kennen.

 

Das Ziel, die Kinder den schweren Alltag fuer ein paar Tage vergessen zu lassen und ihnen ein unvergessliches Erlebnis zu bescheren, ist eindeutig gelungen!

 

Ein riesiges Dankeschoen an Oskar, den Ideenschmied der Geschenkeaktion, und das Zentrum Mensch & Arbeit Nettingsdorft, Kathi und die Jugendgruppe, die ihn bei der Umsetzung unterstuetzt haben, meine Eltern, die das Gepaeck ueber den Umweg von 4 Flughaefen hertransportiert und auch eingepackt haben und die wunderbaren Leute der Pfarre Berg, die mich immer unterstuetzen, wenn es um finanzielle Hilfe fuer Projekte geht, so auch bei diesem Projekt. Ihr habt den Kindern mehr als nur ein Laecheln ins Gesicht gezaubert. Sie werden sich an diese Grosszuegigkeit auch in ihrer Zukunft erinnern und dies selbst umzusetzen wissen.

Und der andere Part des riesigen Dankeschoens geht an die Jugend des schoensten Dorfes der Welt, ZEITLHAM!  Helene, Doris, Stefan, Thomas, Sandra, Klausi. Ohne euch waere der Ausflug in den Regenwald, oder zumindest in diesem Umfang, nicht moeglich gewesen. Ihr koennt stolz auf euch sein!

Meine Blogeintraege sind viel zu oft voll von negativen Erlebnissen. Da macht es mir echt Spass, einmal ausschliesslich ueber das Positive zu schreiben, das hier im Projekt passiert. Mit eurer Unterstuetzung! DANKE! 

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So

16

Dez

2012

Feuer und Asche - Geologie hautnah

Eigentlich haben wir es ja gewusst. Von unseren Vorgänger-Volontären wurden wir immer wieder unterrichtet, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass wir dieses Naturspektakel zumindest einmal in unserem Jahr erleben werden. Und trotzdem kam alles ziemlich überraschend.

Sonntag, 16.Dezember, sechs Uhr früh. Ich schlafe erst seit viereinhalb Stunden. Dementsprechend unentspannt bin ich, als mich die Kinder mit schaulustigen Schreien aus dem Schlaf reißen. "Manuel! Manuel! Mira! El volcán! El Tungurahua erupcionó!" Zunächst bin ich verwirrt. Der Vulkan Tungurahua, der etwa 30 Kilometer von Ambato entfernt ist, war doch schon am Freitag-Nachmittag mit relativ geringen Auswirkungen ausgebrochen. Aber der diesmalige Ausbruch sei um einiges drastischer. Und tatsächlich. Als ich hinauf auf die Terrasse gehe, und meinen Blick Richtung Osten richte, gleicht der Anblick mehr einem Atomkraftwerk als dem 5000 Meter hohen Vulkan, der etwa einmal im Jahr ausbricht und Ambato eigentlich permanent mit Asche versorgt.

Unsere erste Reaktion: Sofort die ganze Wäsche von der Terrasse holen, um sie vom Ascheregen zu beschützen und danach so wenig wie möglich an die frische Luft gehen, um zu verhindern, das Weihnachtsgeschenk des Tungurahua für die Lunge anzunehmen.

Aber die Entwarnung kommt schnell. Die Lava geht nicht nach Ambato, sondern in eine andere Richtung. Was uns allerdings trotzdem nicht erlaubt, vor allem am selben Tag nach draußen zu gehen. Für uns und für die Kinder prinzipiell ein spannender Tag. Aber wie es für Menschen, Pflanzen und Tiere, die direkt am Fuße des Vulkans leben, aussieht, ist die andere Frage.

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Do

06

Dez

2012

Besinnliche Adventszeit? Wos isn des?

Es lebe der Advent. Eine Zeit des Wartens und Besinnens. Eine Zeit, in der alle zur Ruhe kommen und sich auf das Wesentliche besinnen..

 

Im 21.Jahrhundert klingt dies wie ein schlechter Scherz. Die Zeit vor Weihnachten ist viel mehr von Stress gepraegt. Und hierbei gibt es wohl weltweit keine Unterschiede. Zumindest nicht zwischen Ecuador und Oesterreich.

 

Auch fuer mich bedeutet Advent heuer nur Arbeit, Arbeit und noch mehr Arbeit. Mein derzeitiger Wochenplan sieht folgendermassen aus:

 

Montag, Dienstag, Donnerstag

5:30 - 9:00 Uhr Aufstehen, Kinder aufwecken, Hausputz, Fruehstueck

9:00 - 12:00 Uhr Freizeit

12:00 Uhr Mittagessen

14:00 - 18:00 Uhr Hausuebungsbetreuung

18:00 - 19:00 Uhr "Hora Loca" ("Verrueckte Stunde"; In der Zeit zwischen Hausuebung und Abendessen herrscht unter den Kindern nichts als Hyperaktivitaet ;)

19:00 Uhr Abendessen

20:00 - 21:30 Uhr Abendprogramm

21:30 - 22:30 Uhr Kinder ins Bett bringen

 

Mittwoch

5:30 Uhr Aufstehen, Kinder aufwecken, Fruehstueck

6:15 Uhr Aufbruch ins Techo Propio

7:30 - 12:50 Uhr Englisch-Unterricht im Techo Propio

14:00 Uhr Mittagessen in der Herberge

danach Freizeit

18:00 - 19:00 Uhr "Hora Loca"

19:00 Uhr Abendessen

20:00 - 21:30 Uhr Abendprogramm

21:30 - 22:30 Uhr Kinder ins Bett bringen

 

Freitag

5:30 - 9:00 Uhr Aufstehen, Kinder aufwecken, Hausputz, Fruehstueck

9:00 - 12:00 Uhr Freizeit

12:00 Uhr Mittagessen

14:00 - 17:00 Uhr Hausuebungsbetreuung

 

Sonntag

17:00 Uhr Abendessen

18:00 Uhr Heilige Messe im Zentrum

20:00 - 21:00 Uhr Kinder ins Bett bringen

 

Fehlen noch Schul- und Familienbesuche, die natuerlich auch in der Freizeit anfallen koennen. Hin und wieder helfe ich auch am Wochenende mit, wenn ich nicht gerade auf Reisen bin. Und damit nicht genug, bin ich nun auch noch fuer die Kommunikation mit oesterreichischen Spendern zustaendig.

 

Im Grossen und Ganzen ein Haufen Arbeit, der viel Stress erzeugt, aber besonders viel Spass machen kann und mir eine Menge an Selbstvertrauen bringt. Vielleicht bedeutet Advent ja, sich darauf zu besinnen, wie wertvoll die Arbeit ist, die man macht. Wenn man sich dessen im Klaren wird, bedeutet Arbeit vielleicht nicht nur mehr Stress, sondern auch Selbstbewusstsein, Freude und Zufriedenheit.

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Do

29

Nov

2012

Ein Hauch von Strasse

Ein Hauch von Strasse? Was will ich jetzt damit wieder bezwecken? Ich habe doch tag ein, tag aus mit Strassenkindern zu tun, und jetzt spreche ich nur von einem Hauch? Naja, nicht ganz. Die Kinder in der Fundacion haben zumindest Familien, zu denen sie an den Wochenenden fahren koennen, auch wenn dies nicht die gluecklichsten Wochenenden bedeuten. Aber es gibt eine Menge an Kindern hier, die dies nicht von sich behaupten koennen. Sie leben hauptsaechlich auf den belebten Strassen von Ambato, wo sie Schuhe putzen oder Suessigkeiten verkaufen, um zu ueberleben. Als waere das nicht schon schlimm genug, gewoehnen sich diese Kinder so sehr an die regellose Gesellschaft der Strasse, sodass sie gar nicht mehr weg wollen, da sie sich nicht mehr an geordnete Verhaeltnisse gewoehnen koennen. Frueher lebten auch in der Fundacion Don Bosco viele Strassenkinder, dessen Dableiben allerdings meistens nicht von langer Dauer war. Heute arbeiten wir in Person von Armin und den italienischen Volos mit ihnen, indem wir ihnen Kurse anbieten, die aber fast nicht angenommen werden, weil die Kinder nicht erkennen, dass diese Kurse eigentlich etwas Gutes fuer sie darstellen und sie immer fuer alles eine Gegenleistung erwarten. Daher ist die Strassenarbeit selbst im Moment eher eingefroren. Allerdings - und damit komme ich zu meinem heutigen Thema - kam dieses Wochenende ein Hauch von Strasse in die Herberge..

 

Jedes Jahr vor Weihnachten startet die Polizei eine Aktion, im Rahmen derer sie Freitag- und Samstagabend die arbeitenden Kinder auf der Strasse aufsucht und diese in Projekten wie eben der Fundacioin Don Bosco fuer ein Wochenende unterbringt. Am Montag darauf wird entschieden, was weiter geschieht. Diese Aktion wurde heuer fuer das vergangene Wochenende angesetzt.

 

Am Samstag stehe ich (noch ahnungslos) um sieben Uhr auf, wecke die Kinder auf, mache mit ihnen den Hausputz und gehe Richtung Speisesaal zum Fruehstueck. Waehrend mein Magen schon nach Tostadas und Colada schreit, bitte mich Madre Anita, ich solle doch die Kinder im unteren Zimmer aufwecken. Im unteren Zimmer? Giovanni ist doch bei seiner Familie? Noch verwirrter als ohnehin um diese Tageszeit mache ich die Tuer in Giovannis Zimmer auf und mit einen verschlafenen "Buenos Dias" begruesse ich die drei (neuen???) Kinder, die in einem Bett mit nur einer Bettdecke und einem Polster daliegen. Erst da faellt es mir wieder ein. Vor zwei Tagen hatte uns Madre Narciza schon von dieser Aktion erzaehlt. Ich gehe also zum Fruehstueck mit den auf den ersten Blick schuechternen drei Burschen im Alter von 11, 10 und 8 Jahren. Beim Fruehstueck fragt sie Jessica nach ihren Namen. Der aelteste sagt nach kurzem Ueberlegen: "Alejandro". "Alejandro? Bin ich heute komplett verwirrt oder hat er zu mir noch einen anderen Namen gesagt?". "Ist das dein Name fuer Samstag oder fuer das ganze Wochenende?", fragt ihn Jessica. "Ah, jetzt versehe ich." Strassenkinder haben es nicht gern, dass jemand seinen echten Namen kennt. "Aber etwas Kreativeres wie zum Beispiel Pikachu haette er sich schon einfallen lassen koennen", denke ich mir. Hat es alles schon gegeben.. Spaeter stellt sich heraus, dass er Daniel heisst, sein Bruder Roberto, und der kleine achtjaehrige Kaugummiverkaeufer Freddi.

 

Den ganzen Samstag verbringe ich mit ihnen und es stellt sich schnell heraus, dass diese Kinder noch weniger von Regeln halten als die Kinder in der Herberge. Vor allem der Aelteste spricht dauernd vom Abhauen und dass es sowieso nichts Schoeneres als die Strasse fuer ihn gibt. Doch kaum spiele ich ein bisschen mit ihnen, zeigt sich doch wieder eines. In jedem Kind steckt ein weicher Kern, der sich aber erst dann zeigt, wenn man sich mehr mit ihm beschaeftigt. Ein anstrengender, aber durchaus vergnueglicher Tag fuer mich.

 

Aber dass man durch einen Tag voller Freude nicht alles bei einem Kind heilen kann, zeigt sich am Sonntag nach der Kirche. Daniel weigert sich mit aller Kraft, mit uns zurueck in die Herberge zu fahren. Er will unbedingt auf die Strasse. Mit aller Kraft bringen wir ihn ins Auto, und danach ins Bett, wo er weinend von seinem toten Vater erzaehlt.

 

Dieses Wochenende hat mir wieder einmal gezeigt, dass kein - absolut kein - Kind selbst an seinem schlechten Verhalten schuld ist. Es steckt immer etwas dahinter. Und vor allem diese Kinder haben wahrscheinlich Sachen erlebt, die wir uns nicht einmal vorstellen wollen. Das einzige, was ihnen in dieser Situation hilft, ist, ueber gewisse Taetigkeiten hinwegzusehen und ihnen so viel Aufmerksamkeit und Zuneigung wie moeglich zu schenken. Dies habe ich am Samstag versucht, und auch wenn dieser Tag sie nicht ganz veraendern wird, hoffe ich zumindest, dass er ein praegendes Erlebnis fuer sie war.

 

Am Montag fuhr die Madre mit ihnen zur Dinapen, der Polizei fuer Jugendliche, um sie wieder abzugeben. Diese wird nun versuchen, entweder die Eltern oder eine passendere Fundacion fuer sie zu suchen. Fuer mich war es ein energieraubendes Wochenende voller Arbeit, aber ich bin ueberzeugt davon, dass die Arbeit nicht umsonst war.

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So

25

Nov

2012

Our english is not the yellow from the egg, but it will go

He IS broken his leg; He IS hurt his knee; He IS got a cold ;-)
He IS broken his leg; He IS hurt his knee; He IS got a cold ;-)

Ja, ihr seht richtig. Sogar die Lehrbücher, mit denen ich Englisch unterrichten soll, sind voller Fehler. Passend zum ecuadorianischen Englisch-Niveau.


Am Mittwoch hatte ich meinen zweiten Arbeitstag in der Escuela del Techo Propio. Auch wenn ich nach den sieben Einheiten absolut genug hatte, war dieser schon um einiges einfacher und auch erfolgreicher als mein erster Tag.


Am schwierigsten ist es mit den jüngsten beiden Klassen. In Ecuador beginnt die Grundschule mit 5 und dauert bis 12. Das heißt, in den ersten beiden Klassen sind Kinder von 5-7 Jahren, die teilweise noch nicht einmal lesen und schreiben können und sich daher eher schwer mit einer neuen Sprache anfreunden können. Auch in den älteren Klassen gibt es immer wieder Unmotivierte und Nörgler, aber diese sind keineswegs verbreiteter als in österreichischen Schulklassen. In jeder Klasse gibt es dafür eine Menge an interessierten und wissbegierigen Kindern, die zudem noch um Hausübungen betteln. Es ist eine wahre Freude, sie zu unterrichten, und vor allem fühle ich mich durch die fehlerhaften Lehrbücher noch mehr verpflichtet, sie zu fördern und ihnen gutes - und nicht gebrochenes - Englisch beizubringen. Denn gutes Englisch ist einer der Schlüssel für die große Zukunft, die einigen wenigen dieser Kinder aus dem nicht mehr hoffnungslosen Armenviertel sicherlich bevorsteht.

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Do

15

Nov

2012

Techo Propio - Ein Armenviertel im Aufbruch?

Man bekommt schon ein mulmiges Gefuehl, wenn man zum ersten mal ueber diese holprige Pflasterstrasse faehrt, waehrend einem die Madre, die trotz schlechtester Strassenverhaeltnisse ihre Fahrtechnik nicht anpassen moechte, erzaehlt, dass sich hier noch vor ein paar Jahren kein Ambateño hergetraut haette, weil das Viertel sowieso nur voll von Dieben und anderen Kriminellen war. Es haette sich aber etwas geaendert, sagt die Rallyefahrerin noch im selben Atemzug. Seit die Fundacion die Leute hier unterstuetzt, ist Techo Propio vor allem tagsueber sicher.

 

Es war am letzten Donnerstag, als wir mit der Madre nach Techo Propio fuhren, um unseren zukuenftigen mittwoechigen Arbeitsplatz zu besichtigen. Die Escuella de la Gran Muralla (Schule der grossen Mauer - warum auch immer sie so heisst) ist die einzige hier und frueher hatte man nur einen Lehrer fuer alle 7 Klassen (in Ecuador geht man von 5-12 in die Grundschule). Heute hat zumindest jede Klasse einen Lehrer. Allerdings kann von diesen niemand weder Englisch noch Computacion (Informatik) unterrichten. Daher kommen nun wir ins Spiel. Alex unterrichtet nun jeden Mittwoch je 1 Einheit pro Klasse Computacion und ich je 1 Einheit pro Klasse Englisch.

 

Am Mittwoch war unser erster Arbeitstag und ich bin mir sicher, dass wir beide wohl unser Leben lang nicht mehr ueber Lehrer schimpfen werden. Vor allem die juengsten beiden Klassen (Alter von 5-7) waren nahezu unmoeglich zu unterrichten, da sie natuerlich Besseres zu tun hatten, als dem fremden Gringo zuzuhoeren, der ihnen irgendetwas auf einer merkwuerdigen Sprache, die wohl weder mit Spanisch noch mit Quechua etwas zu tun hatte, erzaehlen wollte. Viel mehr interessierte es sie, Fotos mit diesen beiden Ausserirdischen aus Australia zu machen.

 

Aber zumindest mit den Aelteren funktionierte der Unterricht mehr oder weniger, auch wenn man hier mit den Basics anfangen muss. Von anderen Zeiten, geschweige denn von forms of to be haben die Kinder noch wenig Ahnung. No importa, ich habe noch 8 Monate Zeit, ihnen zumindest so viel beizubringen, dass sie spaeter etwa in der Tourismusbranche arbeiten koennen, die in Ecuador hoffentlich noch viel mehr aufkeimt.

 

Die Schule wurde uebrigens hauptsaechlich mit oesterreichischen Geldern aufgebaut, wovon auch ein paar Waende zeugen, wie ihr auf den folgenden Fotos noch sehen werdet. Die Pfarre Christkindl bei Steyr, die schon seit etwa zehn Jahren in die Fundacion Proyecto Don Bosco involviert ist, ist der Madre Narciza und ihrem Projekt immer wieder eine grosse finanzielle Hilfe und hat auch hier grossartig mitgeholfen, obwohl diese Schule nicht einmal zum Projekt gehoert, sondern nur von ihm unterstuetzt wird, aber ohne das Projekt wohl nicht ueberleben koennte.

 

Man merkt hier doch immer wieder, dass man auf oesterreichischen Spuren wandert. Auch die Madre Narciza spricht immer wieder von den grosszuegigen oesterreichischen Spendern. Wenn jemand Oesterreich kennt - was eher selten vorkommt - spricht er hoechstwahrscheinlich positiv darueber. Ein echt gutes Gefuehl!

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Do

08

Nov

2012

Sieg fuer Obama - Sieg fuer Lateinamerika?

Er hat es wieder geschafft! Barack Obama, der erste schwarze Praesident der Vereinigten Staaten von Amerika, wurde wiedergewaehlt. Fuer mich auf jeden Fall ein Sieg fuer Offenheit und Toleranz. Aber ist es auch ein Sieg fuer Lateinamerika?


Moment.. Was hat das Ganze jetzt in meinem Blog verloren? Will ich wieder einmal so zwanghaft etwas Politisches in meinen Blog bringen, um jede Gelegenheit zu nutzen? Moeglich, aber es hat schon noch einen anderen Grund, warum ich die Praesidentenwahl in den USA hier einbringe.
Fuer die Ecuadorianer (und das gilt wohl fuer die Mehrheit der Lateinamerikaner) haben die USA zwei Gesichter. Auf der einen Seite gelten sie immer noch als Land der unbegrenzten Moeglichkeiten und erfuellten Traeume und sind zudem Heimat von ueber einer Million Auslandsecuadorianern. Auf der anderen Seite haben sie durch ihren grossen wirtschaftlichen Einfluss und dessen Auswirkungen in den letzten Jahrzehnten auch viele ecuadorianische Traeume zerstoert.


Letzteres gilt vor allem fuer die Erdoelindustrie. Als 1970 die ersten Erdoelvorkommen im ecuadorianischen Regenwald gefunden wurden, war der US-amerikanische Konzern Texaco der erste, der ohne Ruecksicht auf indigene Lebensraeume so viel Erdoel wie moeglich foerderte. Heute ist zwar die Haelfte der Erdoelindustrie verstaatlicht, allerdings haben auslaendische Konzerne immmer noch viel Einfluss. Immer wieder mischten sich die USA in politische und wirtschaftlichen Angelegenheiten Ecuadors ein. Im Jahr 2000 wurde nach einer von so vielen Wirtschaftskrisen der US-Dollar als Landeswaehrung eingefuehrt, was einen weiteren grossen Einflussfaktor darstellt.


So gross der US-amerikanische Einfluss im Land heute also immer noch ist, so stark ist auch die Ablehnung in der Bevoelkerung. Diese Ablehnung beschert dem aktuellen Praesidenten, dem mit bisher 5 Jahren im Amt bestaendigsten der letzten Jahrzehnte, Rafael Correa immer mehr Beliebtheit. Der links-angesiedelte, in den USA und Europa studierte Volkswirt, sympathisiert mit dem eher linksradikalen venezolanischen Praesidenten Hugo Chávez und traeumt von einem vereinten Lateinamerika, frei von den USA. In seiner bisherigen Amtszeit seit 2007 hat er bereits einige Verfassungs- und Gesetzesaenderungen bewirkt, die den Einfluss auslaendischer Maechte erfolgreich zurueckdraengten. Manche Importprodukte wie zum Beispiel internationale Alkoholmarken unterliegen nun immens hoher Steuern, sodass sie fuer das gemeine Volk unleistbar werden. Zudem hat Correa viele Auslandsschulden einfach gestrichen. Ein weiteres grosses Ziel ist, den US-Dollar als Landeswaehrung wieder abzuloesen und damit endlich die "echte Unabhaengigkeit" zu erreichen. Im Februar stellt er sich erneut der Wahl. Kaum jemand zweifelt an seiner Wiederwahl.


Aber das ist wie gesagt nicht alles. Viele Ecuadorianer traeumen davon, eines Tages in den USA zu leben und zu arbeiten. Auch von einigen Kindern habe ich diesen Wunsch schon gehoert. Hollywoodfilme sind hier genauso beliebt wie in Europa und vermitteln den Leuten ein Paradies, wo alle Wuensche wahr werden. Ausserdem kann man an vielen Plaetzen des Landes, auch in Ambato, Nachahmung der US-Kultur erkennen. Die Mall de los Andes, ein Einkaufszentrum mit Kino in Ambato, scheint wie ein US-Aussengebiet - mit dementsprechend hohen Preisen und einer Menge an Fast-Food-Buden (die es auch ueberall in der Stadt gibt). Einzig und allein die englische Sprache, der wahrscheinlich wichtigste Teil der US-Kultur, will man hier absolut nicht annehmen.


Man will also auch hier in Ecuador den US-Lifestyle imitieren, aber bei politischen und wirtschaftlichen Eingriffen von Seiten der "World´s Police" ist man groesstenteils nicht einverstanden. Aber ob Obama oder Romney US-Praesident ist, macht hier wohl keinen Unterschied. Es liegt nun an der ecuadorianischen Fuehrung, sprich Correa, den Einfluss zurueckzudraengen.

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Do

01

Nov

2012

On the road

Je eine Blase auf beiden kleinen Zehen, Schmerzen an fast allen Koerperteilen, Muskelkater und ein fetter Sonnenbrand - das Ergebnis eines erlebnisreichen, vergnueglichen, aber schmerzhaften und ermuedenden Tages. Fiesta werde ich mir heute wahrscheinlich eher abschminken..


Das erste von 4 Trimestres an der Schule ist mit Ende Oktober abgelaufen und die Kinder haben bereits ihr erstes Zeugnis erhalten. Zudem ist morgen der in Ecuador gross gefeierte Día de Difuntos (Allerseelen) und am Samstag Unabhaengigkeit von Cuenca. Fuer uns Grund genug, die Kinder von ihrem harten Alltag abzulenken und ihnen einen Tag des Vergnuegens zu schenken. Wie? Natuerlich mit einem Paseo (Wandertag).


Da auch in den meisten Schulen heute kein normaler Unterricht mehr war, sondern hauptsaechlich Programme ueber den Día de Difuntos veranstaltet wurden, erreichte das Equipo Tecnico (Psychologen), dass die Kinder fuer diesen Tag freibekamen.


Um 9 Uhr frueh starteten wir mit 2 ueberfuellten Autos los in Richtung Parque de la Familia, wo sie ihrer Energie freien Lauf lassen und auch eine Menge an Tieren beobachten konnten. Am fruehen Nachmittag wanderten (oder eher rannten) wir zurueck in Richtung Albuerge, wo es noch eine kleine Allerseelenfeier mit einem Grossteil des Personals der Fundacion gab, bevor die Kinder die Reise nach Hause antraten.


Zur Allerseelenfeier gab es natuerlich traditionell ecuadorianisches Essen und Trinken. Sprich: Cuy (Meerschweinchen - etwas gewoehnungsbeduerftig, aber im Grunde genommen auch nur Fleisch) mit Erdnusssauce (wtf? aber guad woas!), Kartoffeln, Pollo (Huhn) und die schon oft propagierte Colada Morada (Fruchtsaft; Mora = Brombeere)


Und weil Bilder bekanntlich mehr als tausend Worte sagen, hier ein paar Kostproben..

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Do

25

Okt

2012

Das "wahre" Ecuador

Das wahre Ecuador? Bloeder Titel, werdet ihr jetzt vielleicht denken. Genau genommen gibt es ja kein falsches Ecuador, aber zumindest ein fuer Touristen inszeniertes, folkloristisches Ecuador, das wunderschoen ist und fuer jeden etwas zu bieten hat. Aber was eine grosse Spannung in sich birgt, ist auf jeden Fall, die Leute hinter den Kulissen kennenzulernen. Diejenigen, die Tag fuer Tag hart arbeiten, nur um ihre Grundbeduerfnisse abzudecken und teilweise in Haeusern leben, die bei uns nicht einmal als Holzhuetten taugen wuerden.

Auch die Familie von Luis Mario, bei der ich das vergangene Wochenende mitleben durfte, lebt in einer Holzhuette, die allerdings ganz passabel eingerichtet ist und doch ein schoenes idyllisches Heim darstellt. Es war auf jeden Fall eine neue Welt, in die ich hineinschluepfte, als ich am Freitag mit dem Bus eine der wahrscheinlich schoensten Strecken von ganz Ecuador, vom Hochland in Richtung Oriente (Regenwald), fuhr und schliesslich in Puyo, der mit etwa 25.000 Einwohnern groessten Stadt im Regenwald, mit dem 13-jaehrigen Rabauken Mario ausstieg. Zu meiner grossen Ueberraschung war dieser zu Hause ploetzlich voellig veraendert, sprich hoeflich, artig und respektvoll. Und auch all seine Verwandten (wozu wohl die ganze Siedlung zaehlt) waren sofort voellig interessiert an meiner Herkunft und Taetigkeit. Nachdem mein Versuch, die Familienkonstrukte in etwa zu verstehen, halbwegs erfolgreich war, zeigte mir Mario schliesslich die Stadt und fuehrte mich auch ein Stueck in den Regenwald (Wahnsinnserlebnis!!!).

Geld macht nicht gluecklich - das wurde mir dieses Wochenende wieder einmal klar. Die Leute hier haben kaum finanzielle Reserven und leben trotzdem in Zufriedenheit mit dem, was sie besitzen. Zudem schaffen sie es noch, mir gleich 2 Geschenke mitzugeben. Ein erlebnisreiches Wochenende!

Nach meinem ersten Familienbesuch folgten am darauffolgenden Dienstag gleich zwei weitere, allerdings in Ambato. Zuerst besuchten wir die Eltern vom 15-jaehrigen Bryan, die wir leider darueber informieren mussten, dass wir diesen in eine geschlossenere Institution nach Quito schicken muessen, aufgrund von Drogenproblemen und des damit verbundenen gefaehrlichen Einflusses auf den Rest der Kinder. Danach besuchten wir die 16-jaehrige Samantha, die nun nicht mehr in der Fundacion lebt, um ihren Fortschritt zu erfahren.

Und noch eine Neuigkeit muss ich unbedingt sofort loswerden. Ab November werde ich in der Grundschule Techo Propio, die zwar nicht zum Projekt gehoert, aber von diesem unterstuetzt wird, jeden Montag vier Stunden Englisch unterrichten. Nach Volontaer, Sozialarbeiter, Nachhilfelehrer, Reinigungskraft, Erzieher und Animateur darf ich mich nun also auch noch Lehrer nennen.

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Do

18

Okt

2012

Gringos forever

“De dónde son?” (“Woher seid ihr?”). Wenn wir auf der Strasse oder auf anderen oeffentlichen Plaetzen im ganzen Land angesprochen werden (was fast schon nervend oft der Fall ist), ist dies die haeufigste Frage, die uns gestellt wird. Jedoch faellt es uns von Tag zu Tag leichter, nicht mit „Austria“, sondern „Ambato“ zu antworten. Was darauf folgt, ist zunaechst ein verdutzter Blick, der eine Erklaerung verlangt. Diese Erklaerung ist schon laengst im Arbeitsspeicher einprogrammiert. Denn wir wollen auf jeden Fall vermeiden, dass man uns hier als Touristen sieht.

 

Aber was sind wir, wenn keine Touristen? A ver.. Das Gringo-Image (Als Gringos werden hier schon lange nicht mehr nur US-Amerikaner, sondern grundsaetzlich alle nicht-spanisch-sprechenden Auslaender bezeichnet) werden wir wohl kaum wegbekommen. Dazu sehen wir alle drei zu europaeisch aus. Zudem ist dieses Image weniger stoerend als angenehm. Man ist so etwas wie das Objekt der Begierde, wenn man auf der Strasse spaziert, alle Blicke auf einen gerichtet sind und immer wieder Menschen vorbeikommen, die ein Foto mit einem machen moechten. Aber was wir jedes Mal untermauern werden: „No somos turistas!“ („Wir sind keine Touristen!“)

 

Warum? Die meisten Touristen sehen wahrscheinlich eher das, was die Reiseprospekte dieses wunderschoenen Landes zeigen. Paradiesische Pazifikstraende, gigantische Berglandschaften und abenteuerliche Regenwaldrouten. Dies alles koennen wir natuerlich auch bewundern, aber der Unterschied ist, dass wir, als Volontaere in einem Strassenkinderprojekt, auch hinter die Kulissen blicken koennen. Das zweitaermste Land Suedamerikas ist kein Paradies fuer 50% der Bevoelkerung, die unter der Armutsgrenze leben. Es ist kein Paradies fuer Kinder, die von ihren Eltern misshandelt werden, unter aermsten Verhaeltnissen aufwachsen und/oder keine Chance auf Bildung und Entwicklung haben. Es ist kein Paradies fuer die Leute, die Tag fuer Tag mit kleinen Verkaeufen auf der Strasse oder in Ueberlandbussen darum kaempfen, ueber die Runden zu kommen.

 

Hinsichtlich dessen wird das naechste Wochenende fuer uns besonders spannend, wenn auch nicht einfach. Am Freitag faehrt jeder von uns mit jeweils einem Kind zu dessen Familie nach Hause, um die familiaeren Hintergruende der Kinder besser kennenzulernen. Wir leben dort ein ganzes Wochenende und kommen dann gemeinsam mit den Kindern am Sonntag wieder zurueck ins Projekt. Diese Familienbesuche sind ein Teil unserer Arbeit und wir werden voraussichtlich ca. einmal pro Monat zu einer Familie geschickt und schreiben danach Berichte ueber die Umstaende, wie die Kinder leben und wie sich das Verhaeltnis zu den Erziehungsberechtigten entwickelt. Ich werde mit Mario, einem der schwierigeren Kinder, zu dessen Erziehungsberechtigten nach Puyo, einer Stadt im Regenwald, fahren. Nun bin ich schon wahnsinnig gespannt, was mich dort erwartet. Hinzu kommt der positive Nebeneffekt, endlich ins Regenwaldgebiet zu kommen.

 

Dort, in den besonders armen Gebieten, sind wir wahrscheinlich noch seltenere Objekte der Begierde. Wir werden in diesem Jahr wohl oder uebel Gringos bleiben, auch wenn wir uns noch so sehr ins Zeug legen, uns die Kultur einzuimpfen und die Sprache zu perfektionieren. Zudem werden wir fuer die meisten hier immer Australier bleiben. Unser kleines Schmuckstueck namens Oesterreich („Austria“) ist dem Grossteil hier unbekannt.

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Do

11

Okt

2012

Alltag? Fehlanzeige!

Schon bei unserer Ankunft wurde uns gesagt, dass sich hier in der Fundacion Don Bosco wohl nie so etwas wie ein Alltag einspielen wird, da sich immer wieder einmal alles aendert, alles umgekrempelt wird und ein gestern gesprochenes Wort heute nicht mehr zaehlen muss.

 

Gerade im Moment wird uns dieser Umstand besonders bewusst. Letzten Donnerstag hatten wir noch eine Besprechung ueber die eigentlich endgueltige Arbeitsaufteilung und nun scheint sich wieder alles zu aendern. Grund: Die deutschen Volontaerinnen haben beschlossen, schon nach 2 Wochen mit ihrem Ecuador-Abenteuer abzuschliessen und fliegen am Sonntag in die Heimat.

 

Und dem noch nicht genug, wird immer noch um die derzeit noch fehlende finanzielle Unterstuetzung der Regierung gekaempft, weshalb es im Projekt ueberall an Geld mangelt. Derzeit laeuft nur eines der drei Teilprojekte, und zwar die Herberge, in vollem Gange. Im Zentrum gibt es nur einen Educador (Lehrer) und mit dem Abgang der Deutschen auch nur mehr zwei Volontaere (Armin und Ricardo, ein nationaler Volo), die aber beide eigentlich nur halbtags im Zentrum und die andere Haelfte auf der Strasse arbeiten sollten. Die Italienerinnen arbeiten nur auf der Strasse.

 

Es sieht nun derzeit so aus, dass es im Zentrum keine finanziellen Mittel fuer eine Ausspeisung gibt und nicht genug Kraefte fuer 200 Kinder. Daher gibt es dort derzeit nur die Erwachsenenbildung (woran die Volos nicht beteiligt sind), Nachhilfe und Hausuebungsbetreuung fuer einen Bruchteil der eigentlich geplanten Zahl an Kindern und zudem werden Puppen genaeht und Grusskarten gebastelt, die an auslaendische Spender geschickt und sowohl im In- als auch im Ausland verkauft werden. Aber die so dringende finanzielle Unterstuetzung der Regierung ist nicht aussichtslos.

 

Aber zumindest in der Herberge spielt sich eine Art Alltag ein, der es mir schoen langsam doch moeglich macht, meine Tage zu planen. Was aber nicht heisst, dass das so bleiben muss, denn die naechste Besprechung folgt am Montag.

 

Die Arbeit mit den Kindern gefaellt mir von Tag zu Tag besser und wir bekommen auch immer mehr Einblick in die tragischen Hintergruende, was uns dabei hilft, ueber negative Eigenschaften hinwegzusehen oder diese zumindest zu verstehen. Am Dienstag warfen Alex und ich zum ersten Mal einen Blick in die Akten, worin sowohl von der Sozialarbeiterin als auch von der Psychologin Protokoll gefuehrt wird. Im Grunde genommen sind die Geschichten der Kinder ziemlich aehnlich. Koerperliche und psychische Gewalt oder fahrlaessige Vernachlaessigung seitens der Eltern, Leben in bitterster Armut.. dies liest sich teilweise schon fast selbstverstaendlich. Aber wenn man einmal ein detailiertes Protokoll einer Vergewaltigung lesen darf, ueberlegt man sich doch, ob man das Abendessen diesmal nicht lieber auslassen moechte. All dies gehoerte oder gehoert jedoch immer noch zum Alltag der Kinder, wenn sie bei ihren Familien sind. Und was am Wochenende passiert, wenn die meisten Kinder nach Hause gehen (duerfen?!) – das koennen wir leider weder wissen noch beeinflussen.

 

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Mi

03

Okt

2012

Edelsteine

"Kinder sind wie Edelsteine, die auf der Strasse liegen. Man muss sie nur aufheben, dann beginnen sie zu glaenzen." Giovanni Don Bosco

 

Edelsteine gibt es hier viele im Projekt. Auch, wenn man bei manchen Kindern genauer hinsehen muss - jeder hat ein nennenswertes Talent oder eine besondere Faehigkeit, auf die er oder sie stolz sein kann. Jedoch werden in unserer Gesellschaft bzw. in unseren Bildungssystemen (hier gibt es wohl weltweit kaum Unterschiede) hauptsaechlich Schwaechen bearbeitet, und zwar teilweise so penetrant, dass die Menschen nicht einmal mehr selbst ihre eigenen Staerken kennen. In den letzten Wochen habe ich hauptsaechlich ueber Probleme, Schwaechen und schlechte Eigenschaften geschrieben. Diese moechte ich diese Woche einmal in den Hintergrund ruecken und das Positive in das Rampenlicht stellen, das ich wohl etwas vernachlaessigt habe.

 

Luis Soriano, 12 Jahre alt, ist das tragische Wunderkind des Projekts. Seit fast fuenf Jahren (die Regel hier ist etwa 2 Jahre) lebt er hier in der Herberge. Es gibt kaum ein Wochenende, an dem er wie der Grossteil der Kinder zu seiner Familie heimfaehrt. Und das, obwohl seine Eltern aus der Mittelschicht kommen. Immer wenn wir nach dem Grund seines Daseins fragen, kommt nur ein "Er hat familiaere Probleme".

Luis ist genau das Gegenteil eines schwer erziehbaren Problemkinds. Er macht alles, wirklich alles sorgfaeltig und hat keine Probleme sich an Regeln zu halten. Er schreibt ausnahmslos gute Noten. Vormittags geht er ins Colegio und nach einem kurzen mittaeglichen Aufenthalt in der Herberge macht er sich auch schon wieder auf ins Conservatorio de Musica, wo er Geige, Gitarre UND Klavier spielt. Und generell gibt es eigentlich nichts, was er nicht kann oder gerne macht, ob lesen, zeichnen oder Fussball spielen. An manchen Tagen sitzt er bis 23 Uhr an seiner Hausuebung, weil er den ganzen Tag nicht dazukommt, hat sich diesbezueglich aber noch nie beschwert. Am Montag hatte ich meine erste "Reunion de padres" (Elternabend) im Conservatorio de Musica, wo ich als einziger Nicht-Elternteil (als quasi "Ersatz-Vater) teilnahm. Ich durfte auch eine Stunde im Unterricht beiwohnen und sein Talent bewundern. Keiner zweifelt daran, dass eine grosse Zukunft vor ihm stehen muss.

 

Aber nicht nur die offensichtlich intelligenten Kinder sind die Edelsteine, von denen ich hier schreiben will. Jeder Einzelne hat ein besonderes Talent, das entweder zu wenig gefoerdert wird oder das er womoeglich selbst nicht kennt. Auch hier liegt unsere Aufgabe, diese Talente zu entdecken und ihnen somit die Chance auf eine grosse Zukunft zu ermoeglichen. Nicht jeder muss ein Englisch- oder Mathe-Genie werden, um eine Zukunft zu haben. Wenn ein Kind kein Interesse an einem gewissen Bereich zeigt, muss man hier kein Interesse erzwingen, weil dies sowieso nicht moeglich ist.

 

Ich habe euch versprochen, heute das Positive in den Vordergrund zu ruecken. Jedoch kann ich die Probleme nicht ganz auslassen, da es doch jede Woche tragische Neuigkeiten gibt.

Jonathan, von dem in meinem letzten Eintrag zu lesen war, ist nun wegen Raubs (dies war zumindest die Version der Madres) in einem Jugendgefaengnis in Quito. Diese Nachricht hat uns sehr schockiert, da wir doch versuchen, in jedem noch so schwierigen Kind eine Zukunft zu suchen.

Isaac ist gluecklicherweise wieder bei seinen Eltern, aber ob er es dort sehr schoen hat, wage ich zu bezweifeln.

 

Was mich in den letzten auch sehr schockiert hat, war, dass kaum Sensibilitaet und Mitleid seitens der Mitarbeiter im Projekt gezeigt wird.

Richard wurde gestern von drei Jugendlichen ohne Grund zusammengeschlagen und nachdem wir ihn ohne Erfolg gesucht hatten, tauchte er doch am Abend bitterlich weinend auf. Mitleid? Fehlanzeige
"A comer, rapido!" ("In den Speisesall mit dir, aber schnell!") Auch hier muessen wir zeigen, dass es auch anders geht und dass man mit Gefuehlskaelte nur Gewalt erreichen wird.

 

Meine Arbeit scheint sich auch jeden Tag aufs Neue zu aendern, aber schoen langsam scheint sich der Tagesablauf zu fixieren. Heute sind zwei deutsche Volontaerinnen (Julia und Kathrin aus Frankfurt) im Projekt angekommen, die wir nun unsere Kolleginnen nennen duerfen? muessen? Nein, Spass beiseite..

Das Projekt im Zentrum mit der Hausuebungsbetreuung von ca. 200 Kindern sperrt am Montag auf und auch die anderen Teilbereiche beginnen. Somit werden die italienischen Volontaerinnen auf der Strasse arbeiten, die deutschen Volontaerinnen im Zentrum, Armin halbtags im Zentrum und halbtags auf der Strasse.

Alex und ich bleiben in der Herberge, was mich sehr freut, da ich hier doch schon sehr viele Beziehungen zu den Kindern aufgebaut habe, was bei 200 Kindern etwas schwierig ist.

 

Mein Tagesablauf sieht nun folgendermassen aus:

 

5:30 Uhr Aufstehen, Kinder aufwecken, Hausputz gemeinsam mit den Kindern

7:30 Uhr Fruehstueck, Speisesaal putzen

9:00 - 12:00 Uhr Nachhilfe fuer Jonny, einen 13-Jaehrigen aus aermsten Verhaeltnissen, der gemeinsam mit 12 anderen Kindern ein Stipendium an der guten Privatschule "Colegio Leonardo Murialdo" erhalten hat und grosse Schwierigkeiten hat, mit dem dortigen Niveau mitzukommen.

12:00 Uhr Mitagessen

 

Der Nachmittag varriert. Alex und ich muessen ab sofort die Schulen der Kinder besuchen, auf Elternabende gehen, um die Leistungen der Kinder abzufragen und deren Verhalten zu erfahren. Ausserdem wird es unsere Aufgabe sein, Kinder zu besuchen, die nicht mehr in der Herberge sind, um sie nach ihrem Zustand zu befragen. Wenn keiner dieser Termine anfaellt, bereiten wir entweder das Abendprogramm vor oder relaxen, wenn einmal nichts zu tun ist.

 

17:00 Uhr Betreuung der Kinder, die noch nicht mit der Hausuebung fertig sind, oder Ball spielen.

19:00 Uhr Abendessen

20:30 Uhr Abendprogramm

Das Programm varriiert von Abend zu Abend. Vor allem geht es darum, die Kinder so muede zu machen, dass wir in der Nacht eine Ruhe von ihnen haben ;)

Fussball spielen

Rumba tanzen

Filmabend (meistens Dokumentarfilme mit paedagogischem Hintergrund)

Noche creativa (whatever uns einfaellt: Gemeinschaftsspiele, Basteln, Theater, etc..)

21:30 Uhr Kinder ins Bett bringen

22:30 Uhr Endlich im Bett (ob man sich um diese Zeit schon ausruhen kann, ist allerdings noch nicht geklaert ;) )

 

Vielleicht habt ihr jetzt einen kleinen Ueberblick ueber meine Taetigkeit, die sich allerdings sowieso noch dutzende Male aendern wird.

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Fr

28

Sep

2012

Die Unbarmherzigkeit der Strasse

Buenos Dias aus Ambato!

Leider kommt der woechentliche Blogeintrag diesmal erst am Freitag statt am Donnerstag. Disculpanme por favor, aber wenn man im ecuadorianischen Aussenministerium in Quito das Visum erwartend vier Stunden warten muss, um im Endeffekt nur ein Foto zu schiessen, und dann einen Stress hat, um unbedingt rechtzeitig zur ersten Fiesta im Projekt zu kommen, bleibt fuer's Bloggen leider keine Zeit. ;)
Aber dafuer habe ich heute zwei Stories fuer euch.

 

Am Dienstag um etwa 10 Uhr, als wir endlich unsere morgendliche Arbeit erledigt und ausgiebig gefruehstueckt haben, kommt die Sozialarbeiterin des Projekts zu mir und stellt mir den 8-jaehrigen Isaac vor, den gerade die Polizei von der Strasse aufgegabelt und ins Projekt gebracht hat. Den Kopf nach unten gesenkt und von einem geradezu unheimlichen Gestank umgeben sitzt er da und spricht kein Wort. Als ich ihn nach seinem Namen und Alter frage, spricht er so leise, dass ich ihn kaum verstehe. Ich bringe ihn zunaechst ins Bad und gewaehre ihm eine warme Dusche (keine Ahnung, ob er dieses Privileg in seinem Leben je geniessen konnte). In der Dusche hinterlaesst er einen Haufen Dreck, der an eine Sumpflandschaft erinnert und seine Gummistiefel stinken selbst nach einer 20-Minuten-Handwaesche noch. Wie jedes neue Kind im Projekt, erhaelt er in Folge von Madre Anita eine frische Kleidung. Immer wieder versuche ich, ihn zum reden zu bringen, um etwas ueber seinen Hintergrund zu erfahren, aber jedes mal kommt nur ein verzweifeltes, unverstaendliches Fluestern heraus. Nachdem er seine Kleidung gewaschen hat, biete ich ihm an, mit mir und ein paar Kindern, die bereits mit der Hausuebung fertig sind, Fussball zu spielen. Hier zeigt sich nun sein grosses Talent. Unbestritten - vor mir steht ein neuer Messi. Endlich sehen wir ein Laecheln in seinem Gesicht. Am Sportplatz ist er offensichtlich in seinem Paradies. Jedoch spricht er immer noch nicht viel. Aber wir sind ueberzeugt, seine Schuechternheit brechen zu koennen.. Allerdings..
Am Mittwochnachmittag, als wir gerade mit unserer Arbeit beginnen, ist er ploetzlich nicht mehr da. Unsere Hoffnung - die Psychologin und Sozialarbeiterin werden seinen Hintergrund erfahren haben und ihn zu seinen Eltern gebracht haben. Unsere Befuerchtung - er ist abgehauen und hat sich wieder auf die Strasse begeben. Leider haben wir bis jetzt noch nichts darueber in Erfahrung gebracht, aber wir hoffen das Beste fuer ihn..

Jonatan, etwa 11 Jahre alt, ist im Moment wohl das schwierigste Kind im Projekt. Er weigert sich, jede auch nur kleinste Aufgabe zu erfuellen, zeigt keinen Respekt, meckert andauernd und geht permanent auf andere Kinder los. Er kostet uns eine Menge an Nerven. Dies ist aber nur die eine Seite der Medaille..
Am Montagnachmittag, als normalerweise die letzten Kinder, die das Wochenende nicht im Projekt verbringen, eintreffen, taucht er nicht auf und keiner weiss, warum und wieso. Die Vermutung vn uns, dass er nun wohlbehalten bei seiner Familie sei und die Familienzusammenfuehrung geklappt habe, trifft aber leider nicht zu. Am Dienstagabend, als alle Kinder schon im Bett liegen, kommt der weinende, humpelnde Junge mit seiner Mutter in der Herberge an. Was er erzaehlt, geht einem unter die Haut. Er sei am Montag von zu Hause ausgerissen, weil ihn seine Eltern geschlagen hatten, und als ihn die Polizei am Dienstag beim Stehlen erwischt hatte, verpruegelten ihn die Polizisten kurz und klein. Seine Wunden am Bein sehen schrecklich aus. Obwohl er wieder nur kleinklaute Kommentare von sich laesst, tut er mir wahnsinnig leid und ich entscheide ihn zunaechst in Ruhe zu lassen.

 

Die Kinder hier sind auch nur das, was die Erziehung bzw. die Strasse aus ihnen gemacht hat. Damit umzugehen, ist nicht immer leicht, aber wir lernen immer mehr, auf die Kinder individuell einzugehen und ihnen soweit wie moeglich unsere Werte von Gewaltfreiheit bis zu Gemeinschaft beizubringen.

Am Donnerstag allerdings, sind diese Probleme fuer ein paar Stunden vergessen. Die alle 3 Monate stattfindende Fiesta steht an. Was es zu feiern gibt? Die Geburtstagskinder von Juni bis August und der Studienabschluss von Jessica. Gefeiert wird mit viel Kuchen, Tanz- und Gesangeinlagen der Kinder und natuerlich Tanzen, Tanzen, Tanzen, wie bei allen Festen hier. Es ist eine wahrliche Freude, mit welcher Begeisterung hier ausnahmslos ALLE Kinder dabei sind. Beim Tanzen entwickelt sich endlich ein richtiges Gemeinschaftsgefuehl. Leider konnten wir nicht von Anfang an dabei sein, weil sich, wie schon gesagt, der Visa-Termin etwas hinausgezoegert hat. Aber ohne Frage eine schoene Erfahrung!

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Do

20

Sep

2012

Kulturschock?

Oesterreich und Ecuador - 10.000 Kilometer voneinander entfernt, zwei verschiedene Kontinente, zwei verschiedene Sprachen. Alles anders? Alles neu fuer mich? Nein. Auch hier wird Luft geatmet und man ernaehrt sich mit fester und fluessiger Nahrung. Allerdings sind die Kulturunterschiede nach 16 Tagen doch deutlich erkennbar. Diese aufzuzaehlen, waere jetzt aber sinnlos, da man sie doch selbst erfahren muss, um sie zu verstehen.

 

Von Kulturschock kann ich hier nicht sprechen. Ich fuehle mich schon sehr wohl in diesem Land, was nicht nur mit der wunderschoenen Natur, sondern auch mit der Offenheit der Bevoelkerung gegenueber Auslaendern zusammenhaengt. Jedoch gibt es Momente, wo man sich in Zeiten der 50er, 60er oder 70er Jahre in Oesterreich, besser gesagt, in die Erzaehlungen der Eltern und Grosseltern zurueckversetzt fuehlt..

Ein Beispiel: Der 11-Jaehrige Enrique, eines "unserer" Kinder, kommt aus aermsten Verhaeltnissen und hatte vermutlich nicht die schoenste Kindheit. Dem noch nicht genug, hat er eine offensichtliche Lern- und Konzentrationsschwaeche und driftet immer wieder in seine Gedankenwelt ab. Eines Tages kommt er mit bitterlichen Traenen zu mir. "Que pasa?", frage ich nach, was ihn denn bedruecke. Er beginnt zu sprechen, allerdings so leise und verzweifelt, dass ich ihn kaum verstehe. Gabi, auch ein Kind aus unserem Projekt, erzaehlt, er sei von seiner Lehrerin mit einem Stockschlag geschlagen worden, weil er andauernd schlechte Noten schreibe und nicht mit dem Tempo in der Schule mitkomme. Gemeinsam mit den anderen Volos versuche ich ihn zu troesten und ihn zum Fussball spielen zu bringen, um ihn zunaechst auf andere Gedanken zu bringen. Eine Frechheit, denke ich mir, dass so etwas heutzutage noch passieren darf. Umso verblueffter bin ich, als beim Abendessen eine Madre, nachdem sie von der Geschichte erfaehrt und auch seine Traenen im Gesicht sieht, mit wuetender Stimme auf ihn einrede, dass er doch endlich seine Hausuebungen ordentlich machen solle, und ihn damit noch mehr in Verzweiflung bringt. Ist das wirklich die Schule des grossen Jugendheiligen Givoanni Don Boscos, dessen Namen sich dieses Projekt bedient?

 

Das Traurige an der Geschichte ist, dass uns als oesterreichischen Volontaeren hier quasi die Haende gebunden sind. An den Schulen Ecuadors (und wahrscheinlich generell in der Kindererziehung) ist es auch heutzutage noch ueblich, dass Kinder geschlagen werden, wenn sie schlechte Leistungen erbringen. Man geht kaum individuell auf die Kinder ein und oft wird der Hintergrund voellig ignoriert. Hole ich zu weit aus, wenn ich sage, dass dies ein weiterer Ursprung fuer eine Reihe an schwer erziehbaren Kindern ist? Mich wundert es kaum noch, wenn die Kinder hier immer wieder aufeinander losgehen, denn sie haben es wohl nicht anders gelernt. Konflikte wurden in ihrer Vergangenheit immer wieder mit Gewalt geloest. Und sie sollen es nun anders machen? Hier liegt aber unsere grosse Chance, zumindest ein bisschen an dieser Bestrafungskultur zu ruetteln. Wir kommen aus einer Welt, wo auch viel Gewalt herrscht, allerdings haben wir doch gelernt, Konflikte anders zu loesen, und koennen den Kindern unsere Art und Weise von Konsequenzen mitgeben. Ich bin mir sicher, dass das Bewusstsein fuer sinnvolle Konsequenzen auch hier Einzug halten wird, allerdings koennen wir im Moment wahrscheinlich nur fuer ein paar Tropfen auf dem heissen Stein sorgen. Aber darum geht es ja - die Welt um ein Stueck in die richtige Richtung zu bringen. Die Welt retten koennen wir nur alle 7 Milliarden Menschen zusammen.

 

PS: Ich moechte abschliessend noch klarstellen, dass ich auf keinen Fall die Fundacion Don Bosco kritisieren moechte, die unbestritten eine grossartige Arbeit in der Region leistet. Viele Kinder, die in ihren familiaeren Verhaeltnissen quasi ohne Chance auf Bildung und Entfaltung aufwachsen, bekommen in der Fundacion alle Mittel zur Verfuegung, um sich entfalten zu koennen. Meine Kritik gilt einzig und allein der ecuadorianischen Bestrafungskultur, die von der Bevoelkerung mitgetragen wurde, weil es niemand anders gelernt hat. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass sich das irgendwann aendern wird, und wir, wie schon gesagt, an dieser Veraenderung teilhaben koennen, ohne gleich das ganze System umzuwerfen.

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Do

13

Sep

2012

Erste Eindruecke, Schwierigkeiten und Erfolgserlebnisse..

Seit neun 9 Tagen bin ich nun in Ambato, der klimatisch wahrscheinlich verruecktesten Stadt der Welt. Waehrend man in der Nacht bei 5-8 Grad ohne Heizung und teilweise ohne Warmwasser friert, schwitzt man, sobald die Sonne kommt, bei bis zu 25 Grad, weil man immer noch 3 Schichten Kleidung traegt. Armin, meinen Gaenserndorfer Kollegen, brachte dieser schnelle Wetterwechsel bereits die Grippe ein. Ich selbst bin allerdings (noch) gesund.

 

Derzeit ist bei uns noch jeder Tag ein Fragezeichen, jedoch kehrt schoen langsam der Alltag ein. Es laesst sich nun ein ungefaehrer Tagesablauf erlaeutern, der da waere..
5:30 Uhr Aufstehen, Kinder aufwecken, Kinder antreiben, antreiben, antreiben, Waesche erledigen, Hausputz

7:30 Uhr Fruehstueck

8:00 Uhr Brot vom Zentrum holen

9:00 Uhr Hausuebung machen mit den Kindern, die Nachmittag Schule haben

13:00 Uhr Mittagessen

14:00 Uhr Hausuebung und lernen mit den Vormittags-Kindern

18:00 Uhr Fussball, Basketball, Singen, Spielen,..

20:00 Uhr Abendessen

21:30 Uhr Kinder ins Bett bringen

22:30 bis 23 Uhr todmuede einschlafen

 

Nach einem entspannenden Wochenende in Quito, wo wir die oesterreichischen Volontaere Matthias und Hannes trafen, begann am Montag der Alltag. Eine neue Aufgabe kommt auf uns zu. Ein Colegio (Gymnasium) der Josefiner vergibt 12 Stipendien an Kinder aus armen Verhaeltnissen. Diese Kinder sind allerdings beim Stoff ein paar Jahre zurueck und es ist nun unsere Aufgabe, sie auf ein Niveau mit den anderen zu bringen. Klingt unerreichbar, aber.. a ver..(mal sehen)

 

Auch unter den Kindern in der Herberge sind viele mit grossen Schwierigkeiten. Es ist hier nicht selbstverstaendlich, dass..

..eine 9-Jaehrige das kleine Ein-Mal-Eins kann

..ein 15-Jaehriger auch nur ansatzweise Englisch spricht

 

Hingegen selbstverstaendlich ist hier, dass..

..11-Jaehrige sich gegenseitig ins Gesicht schlagen

 

Es handelt sich bei den Kindern in der Herberge nicht nur um Kinder aus armen Verhaeltnissen, sondern vor allem um schwierige Faelle. Jedoch soll das nicht heissen, dass man sie nicht moegen kann. Im Gegenteil: Sie sind mir jetzt schon ans Herz gewachsen. Allerdings ragen manche heraus, die einem staendig die Geduld rauben und keine ruhige Minute lassen.

 

Die grosse Baustelle in der Schule hier ist auf jeden Fall Englisch. Der Fehler liegt vor allem am paedagogischen System der Lehrer, das hauptsaechlich aus Vokabeln auswendig lernen besteht. Daher ist es auch kein Wunder, dass nahezu kein Mensch in Ecuador Englisch spricht.

 

Bei allen Schwierigkeiten, die ich in diesen 9 Tagen bereits hatte, ueberagen allerdings bei weitem die schoenen Erlebnisse wie zum Beispiel:

Einer 14-Jaehrigen eine Mathematik-Uebung auf Spanisch erklaeren, die man zuerst selbst nicht versteht..

Kinder, die einen umgarnen und nicht mehr loslassen wollen..

Die ersten spanischen Saetze, die man versteht..

 

Schoen langsam lebe ich mich richtig ein hier in diesem wunderschoenen Land. Gleichzeitig werde ich jedoch nie vergessen, wie schoen Oesterreich ist.

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Do

06

Sep

2012

Ankommen

Liebe Leser!

 

Ich bin nun zwar schon seit zwei Tagen hier in Ambato, aber leider habe ich es erst jetzt geschafft, die Zeit fuer meinen ersten Blogeintrag aus der Neuen Welt zu finden. Meine Eindruecke von diesem wirklich vielfaeltigen Land koennten mehrere Seiten fuellen, aber die Zeit draengt hier irgendwie immer. Daher versuche ich es moeglichst kurz zu machen.

 

Nach einer insgesammt ueber 24 Stunden langen Anreise von Zeitlham nach Ambato ueber "Umwege" wie Raststation Ansfelden, Flughafen Wien-Schwechat, Flughafen Amsterdam und Flughafen Quito kamen die neuen "Gringos" Alex, Armin und ich am 4.September um ca. 21 Uhr Ortszeit (Oesterreich - 5.September, 4 Uhr) in der Fundacion Proyecto Don Bosco in Amabto an und wurden sofort wie Popstars von den reizenden Kindern im Alter von ca. 8-14 Jahren und den Madres begruesst. Aber alles nach der Reihe..

 

Der 3.September geht wahrscheinlich als der schwerste Tag meines Lebens in die Geschichte ein. Zum ersten mal realisierte ich, dass ich jetzt wirklich ein Jahr ohne meine Familie, meine Freunde und mein gewohntes Umfeld auskommen muss. Der Abschied war noch schwerer als erwartet. Auch im Flieger waren die Gefuehle noch nicht sehr positiv. Zu nah war noch der Abschied. Aber kaum hatten wir unsere Gepaeckstuecke und gingen aus dem Flughafengebaeude, kam mir das erste Laecheln ueber die Lippen. Die wunderschoene Hauptstadt Quito hatte es mir sofort angetan. Rundherum Berge, angenehmes, fruehlingshaftes Klima und Verruecktheiten wie Ladeflaechen von Autos, die mit Menschen beladen waren. Wir wurden abgeholt von einem Projektmitarbeiter mit dem klingenden Namen Stalin. Auf dem insgesamt dreistuendigen Weg nach Ambato kamen wir noch in einem anderen Projekt in der Naehe von Quito vorbei, wo wir die ecuadorianische Gastfreundlichkeit gleich miterleben konnten, waehrend wir von Schwestern auf einen Kaffee eingeladen wurde. (Kaffee bedeutet hier uebrigens: heisse Milch oder heisses Wasser mit Kaffeepulver a tu gusto - nach Geschmack.) Von hier nahmen wir Madre Martita mit, die auch in der Fundacion arbeitet.

 

Nun bin ich wieder beim Ankommen. Nach der tollen Ankunft im Projekt fuehrte uns unser Vorgaenger-Volontaer Michi, der am naechsten Tag abreiste, durch das ganze Projekt und erklaerte so viel, wie in der kurzen Zeit noch moeglich war. Am naechsten Tag standen wir, immer noch erledigt von der langen Reise, noch ein wenig erschoepft auf. Wir fuhren mit Madre Narcissa und der Psychologin Anita nach Patate, einer wunderschoenen kleinen Stadt. Hier zeigten uns die beiden eine moderne Kathedrale, die fuer die Indigenen gebaut wurde und wir durften einen orginial ecuadorianischen Avocado kosten. Danach fuhren wir noch das wunderschoene Andental entlang, was mich teilweise doch wieder an Oesterreich erinnerte. Ein wunderschoener Ausflug.

 

Nach einem kleinen Ausflug in die Mall, die an europaeische Einkaufszentren erinnert und eine voellig andere Welt als die Stadt selbst darstellt, spielten wir mit den zukuenftigen Messis Fussball und Voelkerball und nach dem Abendessen gab es noch eine Salsa-Einheit. Ein besonders spannender Tag, der Lust auf mehr macht.

 

Nun beginnt schoen langsam die Eingewoehnungsphase. Gestern half ich der ecuadorianischen Volontaerin Jessica und dem schon genannten Stalin beim Kinder-ins-Bett-bringen, was bei 10 hyperaktiven Burschen leichter klingt als es ist und heute hiess es das erste mal um 5 in der Frueh aufstehen, die Kinder aufzuwecken und fertig fuer die Schule zu machen. Trotzdem bleibt immer noch sehr viel Ungewissheit, was genau auf mich zukommen wird, und auch die Sprache funktioniert noch nicht einwandfrei, aber alles in allem freue ich mich schon sehr auf einen spannenden Einsatz!

 

Bis bald

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