Von Drogendealern und Prostituierten - Eine Kindergeschichte?!

Welche tragischen Geschichten bereits in diesem Kind stecken, sieht man ihm wohl nicht an..
Welche tragischen Geschichten bereits in diesem Kind stecken, sieht man ihm wohl nicht an..

Was die Kinder in unserem Projekt teilweise bereits durchgemacht haben, hat in Europa oft ein Pensionist, der auf ein langes Leben zurückblickt, nocht nicht durchgemacht. Dieser Satz kam nun wohl schon ziemlich oft von meinen Lippen.


Kevin, mit 7 Jahren unser Jüngster, ist ein aufgeweckter, zuneigungsbedürftiger, kleiner Rotzlöffel, der inzwischen vier Monate in der Herberge verbracht hat, ohne auch nur einen Tag nach Hause zu kommen. Der Grund dafür liegt darin, dass man bis zum letzten Wochenende kein stabiles Umfeld finden konnte, wo der Bursche unterkommen könnte.


Aber genau dieses Umfeld braucht der Kleine - wahrscheinlich noch viel mehr als alle anderen Kinder. Er gehört zu jenen Kindern, die man liebevoll Klammeraffen nennt, und wenn man ihm nicht die ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt, was bei einer Gruppe von 25 Kinder einigermaßen schwierig ist, beginnt er sicht benachteiligt zu fühlen und aus dem "liabn Buam" wird eine rot anlaufende Furie, die Steine und alles andere nach einem wirft, was sie findet. Bei den anderen Kindern ist er unbeliebt, weil er so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht und weil man ihn aufgrund seiner Vorgeschichte und Psychologie einfach auf andere Weise behandeln muss.


Klingt alles nach einem ziemlich schwierigen Fall, aber mit seiner Art schafft er es doch in die Herzen von allen, die sich mit ihm beschäftigen - und wenn man einmal weiß, was er durchgemacht hat, dann zieht er nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch ziemlich großes Mitleid nach sich..


Kevin´s Vater ist Drogendealer und verbringt den Großteil des Jahres im Gefängnis. Als sein Sohn noch bei ihm wohnte, nutzte er den damals noch jünger als 5 Jahre alten Burschen zum Überbringen der illegalen Stoffe aus, da man ein Kindergartenkind wohl nicht kontrollieren würde.Die Mutter hingegen ist drogensüchtig und, wie wir vor kurzem erfuhren, bereits im Koma wegen Überdosis. Nebenbei ist sie "Hobbyprostituierte" und wechselt ihre Männer schneller als ihre Unterhosen.Dem hinsichtlich dieser Umstände außergewöhnlich aufgeweckten und extrovertierten Burschen wurden somit innerhalb seiner noch nicht einmal acht Lebensjahre bereits die tiefsten Abgründe der menschlichen Psychologie bekannt. Insgesamt verbrachte er seine kurze Lebenszeit bereits in vier verschiedenen Familien, die längste Zeit davon bei seiner Urgroßmutter in Quito, von der er immer wieder gern spricht.


Letztes Wochenende fuhren schließlich Madre Narciza und unsere Psychologin Anita nach Quito, um den Kleinen zumindest für ein Wochenende bei der bereits 84 Jahre alten Dame unterbringen. Zuerst sah alles nach einem Happy End aus. Als sie in Quito ankamen, erfuhr Kevin von seiner 2 Jahre jüngeren Schwester, die als einzige bei der Uroma wohnt, und war voller Freude, dass er sofort mit ihr zu spielen begann und bereits sagte, er wolle nicht mehr zurück in die Fundacion. Als die Madre am Donnerstagabend nach Hause kam, erzählte mir sie diese Geschichte mit einem Lächeln, das man der viel gestressten Frau selten ansieht. Aber es war schlussendlich doch alles zu schön,  um wahr zu sein..


Am Montag wurde aus dem Lächeln ein besorgtes Gesicht. Die Madre erzählte uns, dass Kevin´s Uroma ihn nicht aufnehmen möchte, da sie mit seiner Schwester schon derart große Probleme hat. Die Kleine hat sehr viel Zeit mit ihrer Mutter verbracht und benimmt sich im zarten Alter von 5 Jahren mit den Worten der betagten Dame "bereits jetzt wie eine Prostituierte", indem sie unter anderem Plüschtiere und andere Spielzeuge pflegt, in ihre intime Zone einzuführen. Die Madre empfahl ihr nun, die Kleine in psychiatrische Behandlung zu bringen, um ihr ein Schicksal wie der Mutter zu ersparen.


Kevin ist nun seit Sonntag wieder in der Fundacion. Nun war das erste Mal die Rede von Adoption, da immer noch keine Verwandten gefunden wurden, die in einem stabilem Umfeld leben. Was uns als Volos übrig bleibt, ist weiterhin Ersatzeltern zu spielen und ihm so viel Zuneigung wie möglich zu geben. Aber was der Arme eigentlich benötigt, ist eine Familie, die ihn liebend aufnimmt und ihn unter "normalen" Umständen erzieht. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Bei vielen Kindern, die hier wohnten, war die Aussicht scheinbar aussichtslos und am Ende tat sich doch eine Tür auf.

immer mit Laecheln und Lebensfreude ausgestattet gehoert Kevin zu den tatsaechlich "staerksten" Menschen
immer mit Laecheln und Lebensfreude ausgestattet gehoert Kevin zu den tatsaechlich "staerksten" Menschen

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